W W W . O R G O N O M I E . J I M D O S I T E . C O M

 

Die Grundlagen der Orgonomie

 

 

 

 

Die emotionale Wüste

David Holbrook, M.D.

 

[D]as gepanzerte Leben (versucht) die Bedrohung seines Lebens zu sequestrieren und zu eliminieren. Dieses Vorgehen beruht auf einer primordialen Lebensfunktion; der Fortbestand und das Überleben des Organismus werden verteidigt. Das Wachstum der Krebszellen zerstört die natürliche Struktur der normalen Zellen; das Wachstum von Feigenkakteen und ähnlichen Pflanzen in der Wüste zerstört das natürliche Wachstum von Bäumen und Präriegras; das Wachsen von neurotischen Idealen und Ideen zerstört die natürlichen, echten, primären Manifestationen des Lebens. (…) Weil das ganze soziale Leben aus guten Gründen in den letzten paar tausend Jahren Leben sekundärer Art war, d h. gepanzertes, das Glück verneinendes Leben, hat es mit Scheiterhaufen und Schwert, mit Verleumdung und Herabsetzung alles primäre Leben, das seine Existenz bedrohte, ausgestoßen und zerstört. Irgendwie hat es sehr wohl gewußt, daß es zusammenbrechen und zu existieren aufhören würde, wenn das primäre Leben den bio-sozialen Schauplatz wieder beträte. Es wußte irgendwie, daß die sekundäre Vegetation in der Wüste ausstirbt, wenn das natürliche grüne Präriegras zurückkehrt, wenn das Erdreich seine Fähigkeit zurückgewinnt (…) Wasser festzuhalten. (…) [Dasselbe tritt auf, wenn gepanzerte Menschen auf gesundes, natürliches Funktionieren treffen:] ihre gesamte Existenz (wird) angegriffen, die Fähigkeit, ihr gepanzertes Leben fortzusetzen. (…) Die ständige Gegenwart des Todes (…) und das allgegenwärtige dumpfe Gefühl des unvermeidlichen Endes kennzeichnen das Leben in der Wüste wie das Lebensgefühl des gepanzerten Menschen. Die Erstarrung des Gefühlslebens (…) Verbrechen und Psychosen (…) eines sinnlosen, frustrierten, malträtierten Lebens sind nur einige Folgen der emotionalen Wüste.

Der bittere Haß derer, die in der Wüste leben, und ihre Bereitschaft, ursprüngliches Leben zu zerstören, ist nicht nur ein Ausdruck ihrer Frustration. Im tieferen Sinne (…) ist es ein Kampf zu überleben und auszuharren angesichts des natürlichen, gesunden Lebens: (…)

Immer mehr Gesetze zu erlassen, wird nicht das geringste nützen. Es wird die Sache nur verschlimmern. (…) Dies dürfte so weiter gehen, bis eine große, früher klar denkende, mächtige Nation so in den Papierkrieg verstrickt ist, als hätte sie sich selbst mit Stricken gebunden, bis sie reif ist, durch den lächerlichen Trick eines politischen Schurken zugrunde gerichtet zu werden.

Das Heilmittel wäre, die Löcher in unserem Gesellschaftssystem zu stopfen, veraltete Gesetze zu beseitigen, so daß kein pathologischer Rechtsanwalt oder Richter mehr eine Ausrede zur Hand hat, wenn er die unschuldigen Opfer des Durcheinanders aus persönlichen Gründen mißbraucht; die neuen Gesetze müssen auf das Minimum beschränkt werden, das nötig ist, um mit grundsätzlich neuen Situationen fertig zu werden (…)

Die gemeinsame Wurzel paradoxen Verhaltens, etwa nach dem Motto ‚Nur nicht an die [Emotionelle] Pest rühren‘, ist offenbar die Angst, an seiner eigenen tödlich abgesonderten, sorgfältig blockierten (…) Panzerschicht zugrundezugehen. Will man für das Opfer der Pest eintreten, angesichts der Besudelung aufrecht stehen und dem pestilenten Verleumder den Dreck ins Gesicht schleudern, darf man nicht vor der eigenen schmutzigen, abgesonderten mittleren Schicht auf der Hut sein müssen.

(…) die Menschen (sind) sich im allgemeinen nicht nur bewußt, daß sie emotional blockiert sind, sondern sie (ahnen) auch mehr oder weniger deutlich, was sie mit ihrer Haltung des ‚Verbergens‘ verstecken (…). Gepanzerte Menschen merken, worin die potentiellen Ausdrucksformen ihrer Panzerung bestehen. Die blockierten Emotionen werden als ‚anstößig‘, ‚untragbar‘, ‚unrein‘ oder als ‚schmutzig‘ empfunden. Diese Art von Selbsterkenntnis scheint dem typischen Sichzurückziehen, der Scheu, der Verlegenheit der Menschen und besonders ihrem Widerstreben, sich selbst zu begreifen, zugrundezuliegen. Sie haben nicht nur die tote, verdorbene Bio-Energie in ihrem Organismus abgesondert, sie haben nicht nur eine ‚Abwehr‘ (psychologisch gesprochen) oder ‚Panzerblocks‘ (bioenergetisch gesprochen) gegen die [negative] Energie und ihre Ausdrucksformen in ihrem Organismus errichtet, sie sind sich der Situation sogar bewußt und verstecken dies so gut sie können (…)

[D]er entscheidende, wesentliche Punkt (…); der Haß auf die Wahrheit; die Ermordung der Wahrheitssucher, die Anbetung der Meister des perfekten Ausweichens; der abgründige Haß, der das ungepanzerte Leben verfolgt (…) all dies sind viele verschiedene Ausdrucksformen ein und derselben grundlegenden Tatsache: Die tote, verdorbene Energie im eigenen Organismus wird verborgen und abgesondert.

Reich, W. 1955/1976: Ausgewählte Schriften. Ein Einführung in die Orgonomie, Köln: Kiepenheuer & Witsch, Teil VII, Abschnitt 2: Die emotionale Wüste, S. 473-481

 

 

zuletzt geändert
01.10.20

 

Copyright © 2020