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Die Grundlagen der Orgonomie

 

 

 

 

Die Emotionelle Pest

David Holbrook, M.D.

 

Neben der COVID-19-Pest ist in der menschlichen Zivilisation und in unserer heutigen Welt noch eine andere Art von Seuche am Werk. Sie wird als „Emotionelle Pest" bezeichnet, ein Begriff, der vom Psychiater Wilhelm Reich geprägt wurde.

Die von der Emotionellen Pest befallene Person ist von der Richtigkeit und moralischen Überlegenheit ihrer eigenen Ideen und Haltung vollkommen überzeugt. Andere, nicht sie selbst, sind die Quelle des Problems. Sie kümmert sich nicht um die destruktiven Folgen ihrer Überzeugungen und Handlungen. (Konia 2013, S. 133, Hervorhebung im Original)

„Es ist möglich, das Auftreten eines emotionell pestkranken Befalls objektiv zu bestimmen, indem man seine Auswirkungen auf das Opfer erkennt. Die Attacke der Emotionellen Pest führt zu Verwirrung und Lähmung, wenn Pestopfer denken, glauben oder fühlen, daß das, was sie als Reaktion auf den Angriff tun, falsch ist.“ (Konia 2008, S. 27)

„Die Emotionelle Pest ist das Ausleben von Verhaltensweisen und Einstellungen im sozialen Bereich, die zerstörerisch für das Leben und das natürliche, gesunde, spontane Funktionieren sind.“ (Whitener, S. 47)

„[Die Emotionelle Pest] durchdringt jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens, und jeder ist ein Überträger, doch niemand ist sich ihrer Existenz bewußt. Sie ist ansteckend, und die Krankheit kann von einer Person auf eine andere übertragen werden, doch weder der Betroffene noch sein nächstes Opfer ihre Symptome erkennen. Tatsächlich hängt die Existenz der Krankheit davon ab, daß sie dem Bewußtsein verborgen bleibt. Wie ein virulentes Virus zersetzt sie das Gefüge der Gesellschaft und lähmt zentrale Lebensfunktionen, indem sie ihre Opfer an ihrer verwundbarsten Stelle angreift. Es handelt sich jedoch nicht um eine physische Krankheit, sondern um eine bioemotionale Krankheit, die sich im Bereich der Emotionen manifestiert. Wenn sie sich von einer Person zur anderen ausbreitet, zerstört sie ihre Opfer, indem sie Verwirrung, Unsicherheit und Lähmung hervorruft.“ (Konia 2008, S. xvii)

„Emotionell Pestkranke Menschen haben eine besondere Neigung zur Bildung von sozialen Zirkeln. Diese Zirkel werden zu Zentren öffentlicher Meinungsbildung; sie zeichnet sich vor allem durch scharfe Intoleranz (…) aus.“ (Reich 1949a, S. 244)

„Das bloße Vorhandensein von anderen Lebensweisen ruft [beim Pestcharakter] Feindseligkeit hervor. (…) Er gelangt immer zu einer Folgerung, bevor er das Problem durchdacht hat; seine Meinung steht schon vor der Untersuchung fest. (...) Der Charakter der ‚emotionalen Pest‘ kann rationales Denken, das ihn bloßstellen könnte, nicht ertragen. Infolgedessen ist er Argumenten unzugänglich. Der angebliche Beweggrund einer Handlung ist niemals das wahre Motiv. Das gilt immer, ob das verborgene Motiv nun bewußt oder unbewußt ist. Ein solcher Mensch glaubt ernsthaft und aufrichtig, das von ihm genannte Ziel sei richtig und rational. Aber er handelt unter einem strukturellen Zwang und kann nicht anders handeln. Ein solcher Charakter hat keinerlei Einsicht in die Destruktivität oder Unbilligkeit seines Handelns. Er versucht ständig, seine Umgebung so zu verändern, daß nichts seine Lebensweise stört. Alles ihm Begegnende, das seiner Lebensweise oder seiner Denkweise widerspricht, ruft bei ihm Wut und Gegnerschaft hervor. Seine Gegnerschaft ist aber durch gesellschaftlich gebilligte Sitten so gut getarnt, daß man sie nur schwer widerlegen oder entdecken kann. (...) Sie sind besonders geschickt in der Charakterverleumdung, aus der sie eine Art perverser Befriedigung sexueller Art beziehen.“ (Baker, Seiten 236-240)

„Der emotionell pestkranke Charakter ist unfähig, ehrlich zu sein und wahrheitsgemäß zu handeln. Unehrliche Politiker zum Beispiel sind sehr geschickt darin, dieses Manöver zu nutzen, um Menschen zu kontrollieren: Die Gründe, die sie für ihre Ideen und Handlungen angeben, sind oft sehr überzeugend und immer gut rationalisiert, meist für das Gemeinwohl oder zum Wohle einer bestimmten Gruppe. Diese Rationalisierungen verschleiern das wahre Motiv, das immer im Dienst der Beherrschung oder Zerstörung des Lebens anderer steht.“ (Konia 2013, S. 134)

„Weder der Pestkranke noch sein Opfer sind sich eines Angriffs bewußt. Er scheint aus dem Nichts zu kommen. (...) Wenn das Opfer hervorsticht, operiert die Pest, indem sie die Person vom Mainstream der Gesellschaft absondert. Das pestkranke Individuum oder die pestkranke Gruppe ist sehr geschickt darin, durch Manipulation der öffentlichen Meinung die Unterstützung anderer zu gewinnen.“ (Konia 2008, S. 128)

„(…) der Gesunde (hat) keinen Drang, seine Lebenshaltung anderen aufzudrängen, da seine Motive der Lebensführung mit seinen eigenen Lebensführungen und nicht mit fremden Lebensführungen verknüpft sind. Der emotionell Pestkranke unterscheidet sich nun vom Gesunden dadurch, daß er seine Lebensforderungen nicht nur an sich, sondern vor allem an seine Umwelt richtet. Wo der Gesunde rät und hilft, wo er mit seinen Erfahrungen einfach anderen voranlebt und es ihnen überläßt, ob sie ihn zum Beispiel nehmen wollen oder nicht, dort zwingt der Pestkranke seine Lebensart anderen mit Gewalt auf. Pestkranke dulden keine Anschauungen, die ihre Panzerung bedrohen oder ihre irrationalen Motive enthüllen. Der Gesunde empfindet nur Freude, wenn er von den Motiven seiner Handlungen hört. Der Pestkranke gerät dabei in Raserei. Der Gesunde kämpft dort, wo andersartige Lebensanschauungen Leben und Arbeit stören, in rationaler Weise scharf für die Erhaltung seiner Lebensweise. Der Pestkranke kämpft gegen andere Lebensarten auch dort an, wo sie ihn gar nicht berühren. Das Motiv seines Kampfes ist die Provokation, die andere Lebensweisen durch ihre bloße Existenz darstellen.” (Reich 1949a, S. 333f [die lückenhafte deutsche Quelle vom Übersetzer ergänzt])

„Die spezifische Pestreaktion bedient sich mit Vorliebe der (…) moralischen Diffamierung. (…) Zum Unterschied vom Geisteskranken erlebt er die projizierten eigenen Regungen nicht masochistisch als Bedrohung, sondern er bedient sich des Tratsches in sadistischer Weise, um anderen in Abwehr anzudichten, was er an sich selbst nicht wahrnehmen darf. (…) Die Lebensweise des (…) Gesunden erinnert ihn schmerzhaft an seine eigene (…) Schwäche und stellt derart eine Bedrohung seines neurotischen Gleichgewichts dar. Er ist daher gezwungen, (…) (den) anderen nach dem Prinzip der saueren Trauben zu beschmutzen. (…) Man kann sich in jedem Fall dieser Art Pestreaktion überzeugen, daß dem gesunden genau diejenigen Eigenschaften zugeschrieben werden, gegen die der Pestkranke an sich selbst erfolglos ankämpft oder die er, mit schlechtem Gewissen, auslebt.” (Reich 1949a, S. 351f)

„Die Absicht der Emotionellen Pest, die gewöhnlich durch ein vorgeschobenes ‚höheres‘ Ziel verschleiert wird, besteht darin, der Freude und Befriedigung Einhalt zu gebieten, die spontan entstehen, wenn Menschen sich an Aktivitäten beteiligen, die Lernen und Zusammenarbeit beinhalten. Manchmal zeigt sich diese Dynamik in der Politik (...) die infolge die wirtschaftliche Produktivität stört.“ (Whitener, S. 47)

„Top-down-Management ist für die Emotionelle Pest nützlich. Diese Form des Managements ist das Gegenteil von Reichs Arbeitsdemokratie, in der Einzelpersonen, die die Arbeit tun, die Kontrolle und Entscheidungsgewalt über praktische Aspekte der Organisation und Durchführung von Aufgaben haben, die von ihnen ausgewählt oder ihnen zugewiesen wurden. Bei der Emotionellen Pest trifft der alleinige Führer willkürlich Entscheidungen für andere mit oder ohne der für die Aufgaben notwendigen Kenntnisse; für kooperative, rationale Entscheidungsfindung und individuelle Initiative ist kein Platz.“ (Whitener, S. 48f)

„Es ist nun die Funktion aller Arten autoritärer Herrschaft, die natürlichen selbstregulierten Funktionen zu behindern. Die Aufgabe einer echten freiheitlichen Ordnung kann nichts anderes sein, als jede Art Behinderung von Naturfuktionen auszuschalten. (…) Daher fällt Demokratie, wenn sie ernst und echt gemeint ist, mit natürlicher Selbstregulation der Liebe, der Arbeit und des Wissens zusammen. Und Diktatur, mit anderen Worten die Irrationalität der Menschen, fällt mit Behinderung dieser natürlichen Selbstregulation zusammen.“ (Reich 1946, S. 313)

„Gemeint ist die echte Freiheit der persönlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, die Freiheit von Lebensangst, von ökonomischer Unterdrückung welcher Form immer, die Freiheit von reaktionären Hemmungen der Entwicklung, kurz, die freiheitliche Entwicklung des Lebens. Befreien wir uns von allen Illusionen. In der Menschenmasse selbst wirkt eine reaktionäre, mörderische, entwicklungshemmende Macht, die alle Anstrengungen der Freiheitskämpfer immer wieder zuschanden macht, Diese reaktionäre Macht in den Menschenmassen erscheint als allgemeine Angst vor Verantwortung und als Angst vor Freiheit.“ (Reich 1946, S. 294)

„Der Kommunismus in seiner gegenwärtigen Gestalt als roter Faschismus ist keine politische Partei wie andere politische Parteien. Er ist eine organisierte emotionelle Pest. (…) Wenn man einen Liberalen, einen Sozialisten oder einen Republikaner nach seinen sozialen Ansichten fragt, so gibt es eine offene Antwort. Der rote Faschist jedoch sagt einem nicht, was er ist, wer er ist und was er will. Das zeigt, daß Tarnung bzw. das Sichverstecken sein Hauptmerkmal ist. (…) Es handelt sich hier um ein Verschwören und Sichverstecken um seiner selbst willen, nicht als Mittel zur Erreichung eines vernünftigen Ziels. (…) Das einzige Ziel der Verschwörerei ist die Macht – nicht etwa ein bestimmter sozialer Zustand. (...) Die organisierte (emotionelle Pest) baut auf die übelsten Eigenschaften des Menschen. Alles, was ihre Existenz bedroht, wird von ihr verleumdet oder zu zerstören versucht,. Eine Tatsache zählt für die (emotionelle Pest) nicht an sich, sondern nur in Hinblick darauf, ob sie ihr genehm ist. Die (emotionelle Pest) kennt dementsprechend keinen Respekt vor den Tatsachen. (...) Diese Haltung gegenüber Tatsachen und Wahrheiten, Geschichte und menschlichem Wohlergehen ist kein spezifisches Merkmal des roten Faschismus; sie ist typisch für jede Politik. Der rote Faschismus unterscheidet sich von anderen Formen von Politik dadurch, daß er jegliche Mechanismen gegen den Mißbrauch der Macht ausschaltet (…)“ (Reich 1953, S. 213f)

„Die Freiheit muß nicht erst errungen werden, denn sie ist in allen Lebensfunktionen spontan vorhanden. Was errungen werden muß, ist die Beseitigung aller Hindernisse der Freiheit. (...) Nichts Außerordentliches ist zu erkämpfen. Nur das Lebendige ist freizusetzen.“ (Reich 1946, S. 314)

"Es ist kein Zufall, sondern wohlbegründet, daß die lebensverneinende Weltanschauung stets das Trennende betont, so im Nationalismus die Unterschiede der Völker, in der Familienideologie die Unterschiede der Familien, im Geldprinzip die Unterschiede des Reichtums, im Autoritätsprinzip die Unterschiede der sozialen Rangstellung; auf der anderen Seite dagegen hebt die lebenspositive Einstellung das Gemeinsame hervor, den gemeinsamen biologischen Ursprung aller Menschentiere, die Gemeinsamkeit von Mensch, Tier und Natur, die gemeinsamen Lebensinteressen und Notwendigkeiten etc.“ (Reich 1949b, S. 111)

„(...) der Mensch und seine Gesellschaft (sind) im streng psychiatrischen Sinne des Wortes geisteskrank (…)“ (Reich 1953, S. 16)

„Wir können sehen, daß menschliche Denksysteme mit Toleranz verbunden sind, solange sie an Wirklichkeiten haften. Je weiter sich der Denkprozeß vom Wirklichkeiten entfernt, desto mehr Intoleranz und Grausamkeit ist erforderlich, um seine Existent zu sichern.“ (Reich 1949b, S. 16).

 

Literatur

  • Baker, E. 1967: Der Mensch in der Malle, München: Kösel, 1980
  • Konia, C. 2008: The Emotional Plague, Princeton, NJ: A.C.O. Press
  • Konia, C. 2013: Neither Left Nor Right, Indianapolis: Dog Ear Publishing
  • Reich, W. 1946: Die Massenpsychologie des Faschismus, Frankfurt: Fischer TB, 1974
  • Reich, W. 1949a: Charakteranalyse, Köln: KiWi, 1989
  • Reich, W. 1949b: Äther, Gott und Teufel, Frankfurt: Nexus, 1983
  • Reich, W. 1953: Menschen im Staat, Frankfurt: Stroemfeld/Nexus, 1995
  • Whitener, V. 2019: The Emotional Plague in Everyday Life II. Journal of Orgonomy V51 N2. Princeton, NJ: The American College of Orgonomy Press

 

 

zuletzt geändert
16.08.20

 

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