W W W . O R G O N O M I E . J I M D O S I T E . C O M

 

Facebook-Einträge von David Holbrook, M.D.

 

 

 

 

Über das Drängen

David Holbrook, M.D.

 

[„Panzer“ ist eine psychologische und somatische Blockade des natürlichen Funktionierens in Form von psychischen Abwehrkräften und chronisch angespannten Muskeln, zusammen mit der Verlangsamung verschiedener physiologischer Funktionen als Reaktion auf Streß.]

Gepanzerte Logik: „Ich muß drängen, sonst wird nie etwas passieren. Ich muß mich anstrengen, um Dinge zu erledigen. Ich muß andere Leute dazu drängen, Dinge zu erledigen. Ich muß mich zur Arbeit drängen. Wenn ich mich nicht selbst dränge, werden die Leute mich nicht mögen und ich werde nicht erfolgreich sein. Ich muß die Leute dazu bringen, mich zu lieben. Ich muß mich sexuell anstrengen, sonst kann ich keine Leistung erbringen.“

Soweit man gepanzert ist, fühlt man sich so. Dies ist zumindest teilweise der Fall, da bei Vorhandensein eines psychologischen und somatischen Panzers jeder natürliche Impuls Schwierigkeiten hat, durch den Panzer zu dringen. Daher wird häufig davon ausgegangen, daß nichts passieren wird, wenn man nicht drängt. Gepanzerte Menschen sind sich absolut sicher, daß nichts geschehen wird, wenn sie nicht drängen, und sie stehen der Vorstellung mit Feindseligkeit und Verachtung gegenüber, daß man nicht drängen muß.

Ungepanzerte Logik (manchmal auch „funktionelle“ Logik genannt, weil sie versucht zu beschreiben, wie Dinge tatsächlich funktionieren): Alles geschieht tatsächlich spontan. Entweder es passiert oder nicht. Die Vorstellung, daß man drängen muß, ist eigentlich eine Illusion, zumindest teilweise. In gewisser Hinsicht kann es tatsächlich wahr sein, daß je weniger jemand drückt, desto wahrscheinlicher es ist, daß etwas spontan passiert. Die Wahrheit ist, daß oft, wenn man nach etwas drängt, es tatsächlich dazu führt, daß das Erstrebte verschwindet. Drängen ist ein Kennzeichen für gepanzertes Funktionieren und Denken.

Die gepanzerte Logik hat jedoch zumindest teilweise recht hinsichtlich des Drängens. Aufgrund der vorhandenen Panzers machen uns Dinge, die spontan passieren sollten, Angst. Wichtige Dinge zu erledigen, kann uns Angst machen. Verwundbarkeit kann bei uns Angst hervorrufen. Liebe kann bei uns Angst hervorrufen.

Manchmal müssen wir durch Angst hindurch drängen, um ein Ergebnis zu erzielen. Beim Vorhandensein von Panzer ist es zum Teil richtig, daß man sich manchmal drängen muß.

Generell würde ich sagen, daß das Drängen anderer normalerweise weniger produktiv ist und oft nach hinten losgeht. Aber in manchen Situationen ist es auch notwendig. Zum Beispiel muß ein Chef oft einen Mitarbeiter drängen, damit der Mitarbeiter maximal produktiv ist. Das hat aber Grenzen. Wenn man zu stark drängt, sinkt das Resultat und es kann tatsächlich zu einer geringeren Produktivität kommen, als wenn man weniger drängt.

Sogar die Verhaltenspsychologie erkennt diese Dinge. Zum Beispiel wissen Behavioristen, daß Belohnungen wirksamer sind als Bestrafungen, um ein bestimmtes Verhalten zu fördern.

Ein Beispiel dafür in zwischenmenschlichen Beziehungen ist, daß es oft effektiver ist, sehr sanft zu „ziehen“ als zu „drücken“. Beispielsweise kann man sanft dazu „einladen“ bzw. vorschlagen, daß die betreffende Person eine bestimmte Sache tut.

„Umgekehrte Psychologie“ funktioniert sehr oft: man bekommt, wonach man nicht gestrebt hat. Man kann beispielsweise jemandem sagen, daß man eine bestimmte Sache möchte, aber man will ihn nicht dazu drängen, dies zu tun. Die Antwort der anderen Person ist oft, daß sie den Wunsch verspürt, das zu tun, was du willst. Der Gegensatz dazu ist, auf etwas zu drängen. Unter diesen Umständen fühlt sich die andere Person oft bedrängt und übt Gegendruck aus oder zieht sich zurück.

 

„Selbstzerstörerisches Verhalten“ als Bedürfnis sich zu panzern. Brief an einen Freund

Versuche, das Glück und die Fähigkeit zur Verwundbarkeit, die Du erreicht hast, zu tolerieren, ohne sie in die eine oder andere Richtung zu verdrängen.

Ich frage mich, ob es möglich ist, daß, wenn Du nach „Erfolg“ drängst, es in Wirklichkeit eine Art ist, Deinen eigenen Erfolg zu blockieren, weil Du glaubst, ihn nicht zu verdienen. Als ob Du ihn Dir nicht erarbeitet hättest.

Verwundbarkeit und Schwäche sind zwei völlig verschiedene Dinge.

Ich nehme an, das Leiden beruht darauf, daß Du versuchst, durch Deine Panzerung durchzubrechen. Ich glaube, daß gegen den Panzer zu drängen unweigerlich notwendig ist, um zu wachsen. Ich tue es auch. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod. Du mußt nur ein möglichst genaues Gefühl für Deine Grenzen bekommen. Deine Panzerung wird sich dem entgegenstemmen. Du mußt also das richtige Gleichgewicht finden, wie weit Du sie zurückdrängen kannst, ohne daß sie sich zu stark wehrt.

Wahrscheinlich wirst Du viel weinen müssen. Betrachte das nicht als Zeichen der Schwäche, es ist das Gegenteil von schwach. Nur die Starken können wirklich vollständig weinen. Schwache Menschen können sich dem Weinen nicht hingeben, nur wirklich starke Menschen können das. Es braucht Mumm, um loszulassen und weinen zu können. Wir alle brauchen das, aber es ist schwer, so viel Sichfallenlassen zu tolerieren. Es ist eine Errungenschaft, wenn man es kann.

Deine Verletzlichkeit ist Deine Stärke. Es ist eine Art Stärke, die fast niemand sonst hat. Du denkst, es sei ein Zeichen von Schwäche, aber es ist das Gegenteil. Es gibt viele oberflächlich „starke“ Menschen.

Aber die wirklich verletzlichen Menschen sind selten. Entweder werden sie große Künstler oder sie werden verrückt oder sie bringen sich um. Es braucht eine enorme Stärke, um verwundbar zu sein. Wenn man das kann, ist man übermenschlich.

Laß alles raus. Laß es sich manifestieren. Kämpfe nicht dagegen an. Versuche nicht, es zu verbergen. Laß das Versteckspiel sein. Es ist Zeit weiterzugehen und sich zu offenbaren. Es ist jetzt sicher. Versuche Deinen Körper davon zu überzeugen. Kommuniziere mit Deinem Körper. Lasse Deinen Körper für sich selbst sprechen.

Das Leben „bietet“ uns ständig „Gelegenheiten“ alternative „Personae“ zu schaffen, um uns anzupassen, um zu versuchen, von den Menschen akzeptiert zu werden, um zu versuchen höflich zu sein, wenn wir in Wirklichkeit wütend oder traurig oder ängstlich sind, usw. Und wir können uns dafür entscheiden, dem Impuls des Vortäuschens zu widerstehen. Es liegt an uns.

Was die ganze Vorstellung von „Selbstzerstörung“ betrifft: mir kommt die Idee, daß das eine Form von Panzerung ist, das Bedürfnis, sich zu panzern. Ich mag die Vorstellung von „Selbstzerstörung“ nicht. Sie bedeutet nichts, sie macht tatsächlich keinen Sinn.

So komme ich auf die Idee, daß Dein Verhalten, Dich selbst zu drängen, bis Du krank bist, eigentlich einen Versuch darstellt, Dich zu panzern: ich denke ans Überfressen. Die Leute werden sagen: „Wenn David sich überfrißt, ist er selbstzerstörerisch.“ Aber mir ist klar, daß, wenn ich mich überfresse, ich das nur tue, um Panik zu verhindern. Es ist ein Versuch, mich zu panzern.

Wenn ich mir also vorstelle, wie Du Dich solange antreibst, bis Du krank bist und das als „selbstzerstörerisch“ betrachtest, dann wird mir klar, daß alles Selbstzerstörerische in Wirklichkeit ein Versuch ist dich zu panzern.

Wie ist es, wenn Du Dich mit negativen Gedanken quälst? Was ist das? Könnte es sein, daß es auch nur einen Versuch darstellt, mit Deinem Gefühl der Panik umzugehen, sich dagegen zu panzern?

Es klingt paradox, aber das selbstzerstörerische Verhalten kann in Wirklichkeit einfach nur ein seltsamer Versuch sein, sich sicher zu fühlen, sich selbst zu sichern.

Du fühlst Dich so voller negativer Energie, weil Du krank bist. Die Krankheit ist, glaube ich, das Ergebnis einer Anhäufung negativer Energie; negativer Energie, die sich dadurch aufgebaut hat, daß Du versucht hast, alle Arten von Panik niederzuhalten. Panik darüber verletzlich zu sein.

Mir gefällt der Gedanke, daß es eine Panzerung ist, weil sie die idiotische Selbstverdammung beseitigt, das idiotische Moralisieren und das Schuldgefühl und die Selbstbeschämung, die wir alle uns selbst antun, wenn wir keine Ahnung haben, warum wir das tun, was wir tun.

Aber wenn wir sehen, daß wir Dinge tun, um die Panik in uns selbst zu verringern – in gewissem Sinne, um uns selbst zu retten – macht das alles so viel Sinn; und es besteht keine Notwendigkeit, uns sinnlos und unproduktiv zu verurteilen. Es stellt die Dinge in einen neuen Rahmen: irgendwie tun wir, was wir tun müssen, um nicht ganz auszurasten.

Wenn man das so sieht, kann man sich also zurücklehnen, sich selbst beobachten und denken: „Hmm, 'er' [ich] tut das, weil 'er' Angst hat, und das ist die seltsame Art und Weise, wie 'er' versucht, sich zu beruhigen.“

Und wir können Mitgefühl für uns selbst haben und verstehen. Das mildert den Schmerz des ganzen bis zu einem gewissen Grad, und ich denke, es bringt uns mit uns selbst in Kontakt, damit wir besser verstehen können, was wir tun. Das ist der Anfang, um die Tür zur Heilung zu öffnen.

Der Panzer ist der Versuch der Natur, sich selbst zu schützen.

 

Full Metal Jacket und die 1980er Jahre

Ich habe gerade Full Metal Jacket gesehen. So verdammt gut. Ich schäme mich dafür, im Jahr 2020 zu leben, 33 Jahre nach einem solchen Film. So viel Seele und Intelligenz in diesem Film. So tief, verglichen mit der Welt, in der wir jetzt leben.

Ich kann nicht glauben, daß dieser Film vor 33 Jahren, 1987, gedreht wurde. Ich war bereits 32 Jahre alt. 1987 scheint mir gar nicht so lange her zu sein. Und es waren noch nicht einmal die 70er Jahre. In meiner Psyche sind wir immer noch in den 80er Jahren! Das war gestern!

Schon in den 80er Jahren war dem Land so viel vom Leben entzogen worden. Damals gab es nur noch Echos von der Größe dieses Landes. In den 1960er und 1970er Jahren konnte man fühlen, wie die Seele des Landes starb. Es war sehr greifbar. Ich nehme an, daß die 1980er Jahre für mich das Jahrzehnt waren, in dem ich versucht habe, damit meinen Frieden zu machen.

Ich weiß nicht, warum ich über all das so trübsinnig bin. Ich bin nicht einmal in schlechter Stimmung. Irgendwie habe ich mich an die moderne Welt gewöhnt und versuche, auf meine eigene Art und Weise eine Seele in ihr zu finden, meistens tief in mir selbst, wo ich das Feuer der Liebe und der Sinnhaftigkeit vor dem Absterben bewahre. Ich will nicht melancholisch sein, ich habe bei all dem eine Art Zen-Geisteshaltung. Aber wenn ich um mich herum auf die Welt schaue, die wir haben, schäme ich mich einfach am Leben zu sein.

Ich spreche nicht von der Politik, ich glaube, es ist etwas viel Tieferes, etwas jenseits von links und rechts. Ich habe keine Ahnung, wie ich es beschreiben soll. Aber was auch immer es ist, es ist etwas, von dem ich nicht glaube, daß es durch irgendeine Art von Politik gelöst werden kann. Ich glaube nicht, daß wir durch Politik eine Art helle und glänzende Welt schaffen können. Politik macht sie nur noch schmutziger und häßlicher.

Wie auch immer, entschuldige, daß ich so düster bin. Wie ich schon sagte, habe ich in den meisten Fällen meinen Frieden mit all dem gemacht. Aber einen Film zu sehen, der so gut ist, erinnert mich daran, was gestorben und für immer verloren ist. Die Seele. Ich versuche, sie in den kleinen Dingen zu finden, indem ich ein guter Mensch bin, indem ich ein Vater bin, indem ich meine Partnerin liebe, indem ich versuche, ein guter Arzt zu sein. Und ich habe Erfolg in all diesen Dingen. Ich würde wohl sagen, ich habe in den 1980er Jahren meinen Frieden mit der Tatsache gemacht habe, daß die Welt im allgemeinen ein bedeutungsloses Stück Scheiße geworden war. Etwas Schönes war gestorben, und ich kann nicht einmal beschreiben, was es war. Meine Mission und meine Rolle besteht einfach nur darin, meine eigene Seele so weit wie möglich am Leben zu erhalten, zusammen mit allen, die ich mitnehmen kann. Es ist wie eine Art Dunkles Zeitalter. Aber wir müssen einfach immer wieder einen Fuß vor den anderen setzen und versuchen, unsere Herzen mit Liebe, Leben, Sinn und Glauben schlagen zu lassen.

 

Über die Seele

Im Laufe deines Lebens wirst du die besten Ergebnisse erzielen, wenn du immer versuchst, dir selbst treu zu bleiben. Es ist ein lebenslanger Kampf, und nur ein gewisses Maß an Wahrheit wird möglich sein, also kannst du genausogut dein Bestes geben, auch wenn dir das wie eine eher schlechte Idee vorkommt! Es ist eine Version von Fürsorge für die Seele und Speisung der Seele. Das Leben zermürbt irgendwie die Seele, deshalb muß man alles tun, was man kann, um sie zu schützen und zu fördern. Wenn du Erfolg hast, wird deine Seele im Laufe deines Lebens stärker und reicher werden, anstatt zu schrumpfen.

 

Der Panzer ist eine Lüge

[„Panzer“ ist ein Begriff, der sowohl psychologische Abwehrkräfte als auch physiologische Prozesse wie Muskelverspannungen und Durchblutungseinschränkungen beschreibt, die durch das autonome Nervensystem vermittelt werden. Alle Formen der Panzerung dienen letztlich dem Ziel die Angst zu mindern.]

Der Panzer ist eine Lüge. Er setzt sich aus den Lügen zusammen, die wir uns selbst erzählen mußten, um am Leben bleiben zu können und sicher zu sein und um nicht von Angst überflutet zu werden. Diese Lügen haben uns am Leben gehalten, also müssen wir eine Art grundlegenden Respekt vor dem Panzer haben. Ohne ihn hätten wir uns zu Tode erschreckt oder uns umgebracht oder wären wahnsinnig geworden. Wir müssen also Mitgefühl für unseren Panzer haben und ihn verstehen und ihm danken! Aber wir können auch Wege finden, um langsam die Fähigkeit aufzubauen, die Angst zu tolerieren, ohne sie verschwinden zu lassen durch Drogen oder Meditation oder durch Oberflächlichkeit, die das verleugnen, was darunter liegt, oder durch Überessen, oder durch den Rückzug in eine Fantasiewelt oder in den Wahnsinn (was eine andere Form der Flucht ist) oder durch Sabotage unseres eigenen Erfolgs und das Führen eines Lebens in Armut oder durch mangelnden Schlaf oder durch Vermeidung von Liebe. All dies sind Möglichkeiten, das Energieniveau zu senken und sich deshalb weniger ängstlich zu fühlen.

 

Über Güte, den Geist, die Seele und das Christentum: Gedanken nach dem Sehen von David Leans Geheimnisvolle Erbschaften

Habe mir Sinn und Sinnlichkeit (die Version von Emma Thompson) und David Leans Version von Dickens' Great Expectations (deutscher Titel: „Geheimnisvolle Erbschaften“) aus dem Jahr 1946 an diesem Wochenende erneut angeschaut. Beide waren auf erschütternde Weise wunderbar. Es fällt mir schwer, mir einen besseren Film als Sinn und Sinnlichkeit vorzustellen. Ich habe geweint und geweint, als ich die Macht von Taten der Güte und die schicksalhaften Wendungen des Lebens in die eine oder andere Richtung sah, mit denen wir alle zu ringen haben, wobei wir manchmal Glück haben.

Die Art von Menschen, die in diesen beiden Filmen dargestellt werden, sind die Art von Mensch, die ich sein will und immer sein wollte.

Als Kind habe ich mir Geheimnisvolle Erbschaften oft angesehen, weil es damals immer wieder im Fernsehen lief. Wie Sinn und Sinnlichkeit und so viele andere Geschichten des 19. Jahrhunderts konzentriert er sich so tiefgreifend auf den Charakter. In beiden Filmen geht es in jedem einzelnen Moment um Charakter, Oberflächlichkeit versus Tiefe und um Liebe und wie sich Dinge der Liebe in den Weg stellen, und um den Wunsch nach einem glücklichen Ende, und auch darum, das Richtige zu tun und die Kosten und Risiken, das Richtige zu tun und möglicherweise nie dafür belohnt zu werden, und um Gnade, die Reise der Seele und Erlösung.

 

Beim Anschauen von Geheimnisvolle Erbschaften habe ich mir vorgestellt, in einem anderen Leben als Literaturwissenschaftler des 19. Jahrhunderts zurückzukehren. Das Verständnis des Primats des Charakters!

Ich war mir dessen nie zuvor bewußt, aber dieser und andere alte Filme nach Dickens' Romanen hatten einen großen prägenden Einfluß auf mein Weltbild. Wenn ich sie ansehe, habe ich das Gefühl, als würde ich die Entwicklung meiner gesamten Einstellung gegenüber dem Leben und den Menschen in meiner Kindheit noch einmal Revue passieren lassen.

Ich weiß nicht, wie ich diese Weltanschauung definieren soll. Es hat viel mit Güte zu tun. Nicht Ideologien von Güte, die auf zornigen Ideen über Klassenkampf, Rassismus und sogar Frieden basieren („zornige Ideen über den Frieden“ – das ist ein interessanter Widerspruch), sondern wirkliche Güte von einer Person zur anderen. Augenblicke der Gnade. Ein Streben nach einem Zustand der Gnade. Momente der Erlösung. Kein Ideologe, der von „Gerechtigkeit“ und „Gleichheit“ tönt, während er Dinge niederbrennt und Menschen angreift, usw. Wirkliche Menschen, die freundlich sind.

Ich denke, vieles davon läßt sich unmöglich vom Christentum trennen. Ich bin nicht in einem offenkundig religiösen Haushalt aufgewachsen. Meine Eltern betrachteten sich als Agnostiker. Ich betrachtete mich die meiste Zeit meines Lebens als Atheisten, wenn auch nicht als militanten. Aber jetzt wird mir klar, daß ich immer spirituell gewesen bin, auch wenn ich dieses Wort haßte. Mir ist jetzt klar, daß ich immer implizit daran geglaubt habe, daß wir Seelen haben und daß die Reise unserer Seele ein Kampf ist, ein Kampf, um unseren Geist zu schützen und wachsen zu lassen.

Ein Facebook-Freund machte diesen Kommentar zur Literatur des 19. Jahrhunderts: „Die Schriftsteller des 19. Jahrhunderts drängten ihre Figuren dazu, das Richtige zu tun, auch wenn das schmerzhaft und nicht leicht ist, denn sie hatten eine ethische Sichtweise auf das Leben.“

Und für mich besteht die Essenz dieser ethischen Vision darin, daß sie mit dem Gewissen des Individuums zu tun hat, das sich durch individuelle Gnadenakte zwischen einer Person und einer anderen Person manifestiert, wenn niemand hinsieht und wenn das Individuum weiß, dass es niemals Anerkennung bekommen wird, außer vielleicht von Gott. Ich versuche hier eigentlich nicht, für die Vorstellung von Gott einzustehen – ich weiß nur nicht, wie ich es sonst ausdrücken soll! Manches davon scheint einfach irgendwie untrennbar mit dem Christentum und der Idee einer spirituellen Welt und einer Seele verbunden zu sein. Irgendwie bringt mich das alles zum Weinen. Es geht darum, ein offenes Herz zu haben, ein „gutes“ Herz, und das richtige zu tun, auch auf die Gefahr hin, das zu verlieren, was und wen man liebt, oder die Aussicht auf persönliches Glück. Transzendenz. Aufopferung. Treue. Integrität. Tiefe.

 

Die Geist-Körper-Beziehung und die „Gegenwahrheit“

Am Ende seines Buches Christusmord schrieb der österreichische Psychiater Wilhelm Reich einen Anhang mit dem Titel „Die Waffe der Wahrheit“. Die Waffe der Wahrheit ist eines von Reichs wichtigsten Schriftstücken. Darin prägte er einen neuen Begriff: „Gegenwahrheit“. Er definierte Gegenwahrheit als den Grund dafür, warum die Wahrheit sich nicht durchsetzt, und er sagte, daß die Gegenwahrheit zu verstehen manchmal sogar wichtiger sei, als die Wahrheit selbst, weil der Versuch nutzlos und möglicherweise sogar gefährlich ist, die Wahrheit voranzubringen, ohne die Gegenwahrheit zu verstehen.

Das Konzept der Gegenwahrheit ist ein soziologisches Konzept, und soweit ich weiß, hat Reich nie ausdrücklich Parallelen zur klinischen Situation gezogen, aber die Parallelen sind offensichtlich.

Man könnte sagen, daß psychologische Abwehr die Gegenwahrheit ist. Psychologische Abwehr ist „teuer“. Sie schränkt unsere psychische Gesundheit ein. Warum gibt es sie also? Die Gegenwahrheit der Abwehr ist, daß sie existiert, um zu verhindern, daß wir von Emotionen überwältigt werden, mit denen wir vielleicht nicht umgehen können.

Reich wies auf das Autonome Nervensystem (ANS) als das physiologische Substrat für das Funktionieren von Emotionen im Körper hin. Das ANS reguliert Dinge wie Herzschlag, Atemfrequenz und die glatte Muskulatur, die die Blutgefäße auskleidet und dadurch das Ausmaß des Blutflusses zu verschiedenen Organen des Körpers bestimmt, einschließlich der verschiedenen Regionen des Gehirns. Das ANS beeinflußt auch das Funktionieren des endokrinen Systems und des Immunsystems.

Das ANS stellt demnach den physiologischen Mechanismus der Psyche (Emotion) – und der Abwehr von Psyche und Emotion – im Körper dar. Reich behauptete auch, daß das ANS der Schlüssel zum Verständnis der uralten Frage nach der Natur der Verbindung zwischen Geist und Körper sei.

Wenn die Seele vor schmerzhaften Gedanken und Emotionen zurückschreckt, läuft dieser Schrumpfungsprozeß auch physiologisch ab und die Physiologie wird durch das ANS vermittelt.

Der sogenannte sympathische Zweig des ANS – der „Kampf oder Flucht“-Zweig – vermittelt das Phänomen von Angst und Wut im Körper. Bei Angst wird die Blutzufuhr umgelenkt, weg von bestimmten physiologischen Strukturen. Wenn die Blutversorgung auf diese Weise eingeschränkt ist, bedeutet dies, daß die Fähigkeit zur Krankheitsbewältigung in diesen Körperbereichen begrenzt ist, da die Blutversorgung die für die Krankheitsbekämpfung notwendigen Komponenten des endokrinen Systems und des Immunsystems liefert.

Es besteht also eine Art von Homöostase zwischen Gesundheit und Abwehr sowohl auf psychologischer als auch auf physiologischer Ebene. In gewisser Weise wird damit Freuds „Todestrieb“ neu formuliert. Warum sollte sich ein Organismus für den Tod „entscheiden“? Die Antwort ist, daß sich ein Organismus eher dafür entscheiden könnte zu sterben, als überwältigende Angst und Schmerzen zu erleiden. Und das ist die Gegenwahrheit von Leben und Tod in biologischen Organismen. Wir alle befinden uns in einem lebenslangen Kampf zwischen Lust und Angst, Leben und Tod.

 

Religion, Emotion und Vernunft

Mir ist schon seit geraumer Zeit klar, daß Emotionen ihre eigene Form von Logik haben, eine Logik, die eine andere ist als das, was wir klassischerweise als die Logik der „Vernunft“ oder „Rationalität“ bezeichnen.

Zum Beispiel könntest du oder ein Freund eine schlechte Angewohnheit haben, und du könntest dir selbst oder deinem Freund sagen: „Weißt du nicht, daß das schlecht für dich ist? Das ist irrational, warum machst du sowas?“

Nun, es stellt sich heraus, daß, da Emotionen ihre eigene Art von Logik haben, wir unser Verständnis von Rationalität und Vernunft erweitern und vertiefen würden, wenn wir die „emotionale Logik“ besser verstünden.

Unser psychophysiologisches Abwehrsystem, das, was der Psychiater Wilhelm Reich als psychologischen (bzw. „charakterologischen“) und somatischen „Panzer“ bezeichnete, erzeugt Fehlfunktionen im Verhalten und in der Physiologie. Der Panzer ist aber aus einem bestimmten Grund da. Das ist das fehlende Glied im Verständnis bestimmter Arten von scheinbar irrationalem Verhalten: Der Panzer (der sich übrigens sowohl soziologisch als auch individuell manifestieren kann) schützt uns vor noch tiefgreifenderen Funktionsstörungen; davor, von schmerzhaften Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen völlig überwältigt zu werden, die uns lahmlegen oder möglicherweise sogar töten würden, wenn wir keine Möglichkeit hätten, uns vor diesen Emotionen zu schützen. Es stellt sich also heraus, daß diese „schlechten Angewohnheiten“ des Charakters eigentlich, in der Logik der Emotionen, rational sind. Dies ist ein Aspekt dessen, was Reich, in einem soziologischen Kontext schreibend, in seinem Buch Christusmord als „Gegenwahrheit“ bezeichnet hat. Die Gegenwahrheit ist der Aspekt der Wahrheit, der dem Funktionieren dessen, was wir normalerweise für die Wahrheit (oder Rationalität) halten würden, in die Quere kommt. Zum Beispiel scheint, zumindest oberflächlich betrachtet, die Aussage rational oder wahr zu sein, daß schlechte Gewohnheiten immer schlecht für uns sind. Aber es stellt sich heraus, daß schlechte Gewohnheiten eine Gegenwahrheit besitzen können: Sie können uns in gewisser Weise vor noch schlimmeren Dingen schützen.

Das Ziel der Therapie ist es, die schmerzhaften Emotionen durchzuarbeiten, die uns dazu brachten, die schlechten Gewohnheiten zu entwickeln, die die schmerzhaften Emotionen in Schach hielten. Sobald die schmerzhaften Emotionen durchgearbeitet sind, sind die schlechten Gewohnheiten (der Panzer) nicht mehr notwendig.

Was hat das alles nun mit Religion zu tun? Gut, Religion basiert auf Glauben, nicht auf Vernunft. Sie ist ein Akt des Glaubens, wie Theologen wie Thomas von Aquin sagen. Sie ist etwas, das außerhalb der Sphäre der Vernunft funktioniert.

Nun, es scheint mir, daß man etwas zumindest ähnliches, wie ich es oben beschrieben habe, über Emotionen sagen kann. Ich glaube nicht, daß die Parallelen 100%ig sind, aber es gibt eine gewisse Ähnlichkeit. Zu dieser Beobachtung kommt die Tatsache hinzu, daß Religion sehr emotional ist. In der Tat ist die Emotionalität der Religion ein Teil ihrer Anziehungskraft. Sie kann uns Liebe empfinden lassen, sie kann uns Freude empfinden lassen, sie kann uns eine kathartische Trauer empfinden lassen, sie kann unsere Herzen öffnen, sie kann uns das Gefühl geben, miteinander verbunden zu sein, sie kann uns helfen, einander zu vergeben, sie versucht, Dinge wie „Geist“ (der zumindest teilweise mit Emotionen verbunden ist) und „die Seele“ (die zumindest teilweise mit dem verbunden ist, was man „Charakter“ nennen kann) zu erklären. Und Religion enthält in sich tausende von Jahren an Weisheit, die oft einen sehr emotionalen Charakter hat.

Warum gibt es, selbst wenn man mit dem Konzept „Gott“ im wörtlichen Sinne Schwierigkeiten hat, in der Religion (und ich denke hier speziell an das Christentum) eindeutig so viel, das so wertvoll und weise und bewegend und wahr ist, auf eine Art und Weise, die mit der reinen Vernunft nur schwer zu verstehen ist?

Es scheint mir, daß ein gemeinsamer Nenner (das, was Reich ein „gemeinsames Funktionsprinzip“ nannte) zwischen Religion und Emotion uns helfen kann, zumindest einige Aspekte der Religion zu verstehen, die bisher nicht verständlich waren.

Vielleicht kann uns dergestalt die Gegenwahrheit der emotionalen Logik helfen, die Gegenwahrheit der Religion im Vergleich zur Wahrheit der Rationalität zu verstehen.

 

Die Haltung der Verachtung

Hier sind einige Definitionen von Verachtung aus Online-Wörterbüchern:

„Das Gefühl, daß eine Person oder eine Sache der Beachtung nicht wert ist, wertlos ist bzw. verhöhnt werden kann. ... Mißachtung für etwas, das beachtet werden sollte."

Auf die Gefahr hin, streitsüchtig zu klingen, würde ich sagen, daß ich verachtende Haltungen vor allem bei der Linken stärker ausgeprägt finde.

In der Haltung der Verachtung wird Energie im Kopf festgehalten, und die Person glaubt, daß sie „über“ anderen steht. Eine verachtende Haltung ist eine wütende Haltung, die verschleiert wird, damit die verachtende Person ihre Wut indirekt mitteilen kann, ohne dafür verantwortlich gemacht zu werden. Verachtung geht oft mit Sarkasmus einher, was eine weitere indirekte Art ist, Wut auszudrücken, ohne die volle Verantwortung dafür zu übernehmen.

Verachtung ist ein Beispiel für eine „Haltung“. Ich würde eine Haltung als eine Form der Kommunikation definieren, die indirekt ist und hauptsächlich durch die Körpersprache ausgedrückt wird, nicht durch die Worte selbst. Wenn sie durch Worte ausgedrückt wird, wird sie auf indirekte Weise ausgedrückt.

Die Indirektheit von Haltungen macht es schwierig, auf sie zu reagieren, denn die normalen alltäglichen Verhaltensnormen geben dir im Grunde nur die Erlaubnis, auf die tatsächlichen Worte zu reagieren, die Menschen sagen. Auf eine nonverbale Haltung zu reagieren, ist normalerweise nur in extremen Fällen erlaubt und gilt eher als Tabu. Dies ist ein unausgesprochenes Tabu, aber ich denke, wir alle wissen, was ich damit beschreibe.

Haltungen sind im Grunde genommen heimliche Wege der Kommunikation, um dabei die Verantwortung und Rechenschaftspflicht für die eigene Kommunikation zu vermeiden.

 

Text an einen Freund

Auf einem Schlachtfeld vergeudet man keine Zeit. Man macht aber Ausnahmen für kleine Momente des Herumblödelns und der Liebe, obwohl man weiß, daß sie nicht ewig andauern können. Man wird sterben, aber man hält seinen Kopf hoch und versucht sich so zu verhalten, daß man seine Selbstachtung bewahren kann.

Ständig muß man dessen gewahr sein, daß die eigene Seele der wertvollste Besitz ist. Ich weiß, daß Du dein Leben auf diese Weise lebst. Komme nie mit Ausreden für schlechtes Verhalten. Du kannst wütend werden oder Trauer empfinden, aber werde nicht zu einem, der an Wut oder Trauer „glaubt“. Laß sie durch Dich hindurchfließen. Aber erwerbe keine lebenslange Mitgliedschaft. Vergebe Dir selbst und den anderen. Niemand hat das Recht, jemanden zu verletzen. Aber ich weiß, daß Du das weißt.

 

Lügen, Verstecken und die Wahrheit

Ich denke, man könnte sagen, daß die meisten Probleme im menschlichen Leben durch das Verstecken vor der Wahrheit verursacht werden.

Wenn ich Lügen und Notlügen erzähle, habe ich das Gefühl, mich selbst abzustumpfen und das Bedürfnis aller anderen zu unterstützen, vor der Wahrheit zu fliehen. Es wird zu einer Verschwörung des Versteckens.

Ich denke, daß Lügen und Notlügen etwas für Feiglinge sind, obwohl ich verstehe, daß die meisten Menschen das Gefühl haben, sie müßten feige sein. Es ist eine Lebensweise und wird kulturell stark gefördert, wenn nicht sogar gefordert. Aber ich glaube nicht, daß es auf lange Sicht zu guten Ergebnissen führt.

Lügen und Verstecken sind meiner Meinung nach eine Form von Tod und Mord, trotz aller Rationalisierungen, die man dafür findet. Für mich ist die Wahrheit eine Möglichkeit, das Leben zu bewahren und nicht den Kontakt zu ihm in einem Dschungel zu verlieren, aus dem es irgendwann kein Zurück mehr gibt. Und dann verbreitet man einfach noch mehr Lügen an seine Mitmenschen, was in meinen Augen wie das Verteilen von Gift ist. Es ist, als ob man die Wasserversorgung vergiftet.

Die Wahrheit, auch wenn sie sehr brutal sein kann, ist am Ende weniger brutal als die Lüge. Und das ist einer der vielen Gründe, warum ich für freie Meinungsäußerung und gegen politische Korrektheit und das Woke-sein und die Kritische Rassentheorie und jede andere gesellschaftliche Praxis bin, die Menschen davon abhält, ihre Wahrheit auszudrücken, und sie unter Druck setzt, sich einem Narrativ anzupassen, das sie nicht frei gewählt haben. Ich glaube an die Demokratie der Ideen und den Markt der Ideen. Lassen wir die Menschen entscheiden.

Die Menschen weichen der Wahrheit aus, weil schon das erste bißchen Wahrheit, das ausgesprochen und gelebt würde, weitere Wahrheit hervorriefe; und dies würde sich unberechenbar fortsetzen und die meisten Menschen aus ihrer gewohnten Bahnen werfen. (…) die Menschen (…) unterstützen die Lüge, weil sie zu einer Krücke geworden ist, ohne die das Leben nicht mehr möglich wäre. Deshalb steht im normalen Verkehr der Menschen die Wahrheit und nicht die Lüge unter den Verdacht, falsch zu sein. (Reich, W. (1953): Christusmord. Freiburg: Walter, 1978, Anhang: Die Waffe der Wahrheit, S. 309)

 

Die Schichten der Wahrheit

Wie kann ein Mensch die Wahrheit erkennen? Wissen wir, daß wir „lügen“, wenn wir lügen?

Dies ist meine Sichtweise: Wenn eine Person ausschließlich von der oberflächlichen Schicht ihrer Persönlichkeit aus funktioniert, dann ist das, was sie aufrichtig für die Wahrheit hält, möglicherweise nicht die tatsächliche Wahrheit. Das liegt daran, daß es in einer tieferen Schicht ihres Charakters tiefere Wahrheiten geben kann, zu denen sie nicht durchdringen kann.

Da wir alle in unterschiedlichem Maße das Bedürfnis haben, schmerzhafte und beängstigende Wahrheiten über uns selbst und über andere und die Welt zu meiden, konstruieren wir eine oberflächliche Schicht unserer Persönlichkeit, die als gesunder Vermittler zwischen unserer inneren und unserer äußeren Welt fungiert und gleichzeitig dazu dient, Dinge vor anderen und vor uns selbst zu verbergen, die zu schmerzhaft oder beängstigend sind, um wahrgenommen zu werden, zu fühlen, auszudrücken oder anderen zu zeigen.

Für viele Menschen ist diese oberflächliche Schicht der Persönlichkeit die einzige Schicht, die sie von sich selbst und anderen wahrnehmen. So wird dies zu ihrer „Wahrheit“, weil sie nicht in der Lage sind, tiefere Wahrheiten über sich selbst, andere und die Welt zu erkennen.

Deshalb sollten wir, anstatt unsere Zeit damit zu verschwenden, uns gegenseitig der „Lüge“ zu bezichtigen, versuchen, besser zu verstehen, wie unser eigener Verstand und der Verstand der anderen funktioniert. Nur wenn wir das besser verstehen, haben wir eine Chance, die Wahrheit über andere und uns selbst zu erkennen.

 

Einige Ratschläge zum Leben und Überleben

Tue, was immer du tun mußt. Atme. Lebe. Kämpfe. Gib kein Pardon. Kämpfe um jeden Zentimeter. Sei gut zu dir selbst und versuche, gut zu anderen zu sein, während du für das kämpfst, was du brauchst. Wenn du stark bist, kannst du um dein Leben kämpfen und dabei noch gut zu anderen sein. Verliere deine Seele nicht. Sie ist die eigentliche Quelle deiner Selbstachtung, deiner Güte und damit deiner Stärke. Das ist es, was dich stark macht, nicht der oberflächliche Anschein von Stärke, sondern eine gute Seele zu haben. Oft entpuppen sich die sanftmütigsten Menschen als die stärksten, weil sie, wenn es nötig ist, viel einstecken können, um schließlich den erschöpften Gegner niederzustrecken. Die Fähigkeit, einen Schlag einzustecken, ist manchmal ein viel wichtigerer Faktor im Leben als die Fähigkeit, einen Schlag auszuteilen. Es gibt viele Menschen, die stark erscheinen, aber innerlich schwach sind. Menschen, die stark sind, aber keine gute Seele haben, sind letztlich zerbrechlich. Eine gute Seele zu haben, hat zwar ihren Preis, aber sie ermöglicht es einem, sich auf eine Art und Weise mit dem Wind zu biegen, wie es andere Menschen verwehrt ist, denn wenn man eine gute Seele hat, ist man Teil des Windes und er ist Teil von einem. Covid hat die Menschen verändert. Diejenigen mit den schwachen Seelen wurden zu schwachen Menschen, leider. Sei ehrlich. Das ist der einzige Weg, um eine starke Seele zu bewahren. Komm mit der Wahrheit zurecht. Hab keine Angst vor ihr. Sie wird dich nicht umbringen. Lügen werden dich umbringen. Lügen sind für die Schwachen.

 

Schmerz, Sucht und Leben: Brief an einen Süchtigen

Ich glaube, das Hauptproblem bei Ihnen ist, daß Sie glauben, Schmerzen vermeiden zu müssen, während in Wirklichkeit genau das Gegenteil der Fall ist: sie müssen aufhören Schmerzen zu vermeiden und sich erlauben durch die Schmerzen hindurch zu gehen, die nötig sind, um nüchtern zu werden. Ich weiß, daß das sehr schwer oder vielleicht sogar unmöglich ist, aber das ist es, was Sie tun müssen. Sie müssen den Schmerz tatsächlich umarmen. Ich weiß, das ist leicht gesagt und außerordentlich schwer zu tun, manchmal unmöglich. Aber der Mensch ist unglaublich, er kann Dinge überleben, von denen er nie gedacht hätte, daß er sie überleben kann. Je länger man Drogen nimmt, um seinen Schmerzen zu entgehen, desto schwieriger wird es. Aber es ist nie zu spät.

In gewisser Weise ist Ihr Schmerz etwas, ohne daß Sie nicht leben können, denn er ist ein Teil von Ihnen. Und Sie müssen ihm Aufmerksamkeit schenken um zu leben und nicht vor ihm weglaufen.

In diesem Sinne ist der Schmerz nicht negativ. Sie haben Ihre E-Mail mit „Kämpfen“ betitelt. Aber das Leben ist ein Kampf, der mit Schmerzen verbunden ist, und wenn man nicht bereit ist zu kämpfen, kann man nicht wirklich leben. Jeder muß sich dem stellen. Das gilt für jeden einzelnen von uns. Die einzige Möglichkeit zu leben ist, zu kämpfen und bereit zu sein, in diesem Kampf Schmerz zu empfinden. Das gilt zum Beispiel für jede Art von Übung. Es gilt auch für alle Beziehungen usw. Meiner Meinung nach sollten Sie sich also darauf konzentrieren, sich dem Schmerz zu stellen, statt vor ihm wegzulaufen und zu versuchen ihn zu lindern. Das einzige, was Sie stärker machen wird, ist, Ihre Toleranz für Schmerzen zu erhöhen, indem Sie sich ihnen stellen.

 

Text an eine 22-jährige Patientin mit schweren Wut- und Angstproblemen in der Vorgeschichte und Zeiten der Obdachlosigkeit, weil ihre Eltern sie im Stich ließen, wenn sie ihre Wut auslebte, und weil sie aufgrund ihrer Angst und Wut nicht arbeiten konnte

Was die Frage betrifft, ob Ihre Mutter Ihre Therapie bei mir aus irgendeinem Grund abbrechen würde: Ich würde Sie nicht von irgendeiner Unterstützung oder Hilfe, die Sie von mir erhalten können, abschneiden wollen. Ich habe ein paar Patienten, die ich jahrelang betreut habe und die dann nicht mehr in der Lage waren, die Therapie zu bezahlen, und es gibt zwei oder drei Leute, die ich derzeit kostenlos betreue. Ich würde Sie nicht sofort abweisen, wenn Ihre Eltern nicht mehr zahlen. Ich wäre bereit, Ihnen weiter zu helfen. Ich verdiene eine Menge Geld mit meiner Praxis und kann es mir im Grunde leisten. Ich möchte, daß es Ihnen gut geht und Sie ein glücklicherer Mensch werden, der fähig ist, unabhängig zu sein, was natürlich das wichtigste ist, das Sie sich wünschen, und wovon Sie durch die festgefahrene Beziehung zu Ihrer Mutter abgehalten werden. Auf der einen Seite brauchen Sie Hilfe, aber auf der anderen Seite hält Sie ihre Pathologie fest. Und Ihr Vater scheint nicht wirklich verfügbar zu sein, es sei denn, es paßt ihm irgendwie in den Kram. Seine Hilfe wird nicht freiwillig gewährt. Ich glaube, Ihr Vater legt großen Wert auf Unabhängigkeit, und ich denke, wenn Sie in der Lage wären, ein gewisses Maß an Unabhängigkeit zu erlangen, wäre er vielleicht eher bereit, Ihnen in gewisser Weise zu helfen und eine engere Beziehung zu Ihnen aufzubauen.

Sie brauchen also Hilfe und Sie brauchen eine Art von Unterstützung, die bedingungslos ist und bei der es nicht um die Bedürfnisse oder die Pathologie der anderen Person geht. Ich habe bereits eine Menge Geld mit der Behandlung von Ihnen verdient und wäre bereit, Ihnen für eine gewisse Zeit weiter zu helfen, wenn Ihre Eltern nicht mehr zahlen würden. Bei meiner Arbeit geht es nicht nur um Geld. So geht es mir mit allen meinen Patienten. Ich würde also sagen, machen Sie sich keine Sorgen, ich würde Ihnen auch dann noch zur Verfügung stehen, wenn Sie aus irgendeinem Grund im Stich gelassen werden und niemand mehr bereit ist, dafür zu bezahlen. Ich weiß, daß Sie eine Menge Stolz und Integrität besitzen, und ich denke, Sie würden zögern, mein Angebot anzunehmen, aber es liegt vor. Ich selbst wurde in meinen frühen Zwanzigern von meinen Eltern buchstäblich auf die Straße gesetzt und durchlebte lange Phasen der Obdachlosigkeit, die sich über Monate hinzogen. Im Gegensatz zu Ihnen hatte ich irgendwann nicht einmal mehr ein Auto. Ich lebte auf den Straßen von Los Angeles. Es war herzzerreißend, und ich hatte 35 Jahre lang Alpträume davon. Ich war am Verhungern. Vor dieser Zeit hatte ich nie mehr als vielleicht 10 Pfund Übergewicht gehabt. Erst nach dieser Zeit nahm ich innerhalb eines Jahres schnell mehr als 100 Pfund zu. Jedenfalls weiß ich, wie es ist, als Geisel gehalten zu werden, wenn man verlassen wird oder von Verlassenheit bedroht ist. Ich glaube, Sie sind in vielerlei Hinsicht einfallsreicher, als ich es in Ihrem Alter war. Ich kam schließlich von der Straße weg, nachdem ich zurück nach New York City gezogen war, wo ich herkomme, und ich lebte 10 Jahre lang in einem kleinen Zimmer von 2,40 x 4,50 Meter ohne eigenes Bad und ohne Kücheneinrichtung, während ich in niederen Jobs wie als Fahrradkurier arbeitete. Ich hatte keine Hilfe. Ich weiß also, wie es ist, wenn man sich alleine durchschlagen muß, wenn man noch nicht ganz so weit ist, um zu überleben. Ich wollte mich von meinen beiden Eltern „scheiden“ lassen und sie nie wieder sehen, und sie haben mir viele Jahre lang nicht geholfen. Aber ich hatte Glück, denn mit Anfang 30 beschloß ich wieder zu studieren und Psychiater zu werden! Und mein Vater, der sehr wohlhabend war, hat das alles bezahlt, so daß ich in gewisser Weise gerettet wurde, und auch kürzlich, als mein Vater starb und mir viel Geld hinterließ. Ich muß zwar immer noch für den Rest meines Lebens arbeiten, aber zum Glück liebe ich meine Arbeit. Jedenfalls erzähle ich diese Geschichte, damit Sie wissen, daß ich einige der Dinge, die Sie durchmachen, nachempfinden kann.

 

Aufstehen

Es kommt nicht darauf an, wie oft du niedergeschlagen wurdest, sondern wie oft du wieder aufgestanden bist.

 

Über Freundlichkeit, den Geist, die Seele und das Christentum: Gedanken nach dem Anschauen von David Leans GEHEIMNISVOLLE ERBSCHAFT

Als ich den Film sah, stellte ich mir vor, in einem anderen Leben zurückzukehren, als Literaturwissenschaftler, der sich auf das 19. Jahrhundert spezialisiert hat. Den Primat des Charakters verstehen!

Mir war es vorher nie bewußt, aber dieser und andere alte Verfilmungen von Dickens' Romanen haben meine Weltanschauung stark geprägt. Wenn ich mir diese Filme ansehe, habe ich das Gefühl, als würde ich die Entstehung meiner gesamten Einstellung zum Leben und zu den Menschen in meiner Kindheit noch einmal erleben.

 

Die Pest der politischen Identifikation

Ich definiere meine Identität oder die Identität anderer Menschen nicht über die Politik. Meiner Ansicht nach ist Politik eher oberflächlich und daher weniger wichtig als die gemeinsamen Bande, die wir als Menschen teilen. Ich halte es für naiv, oberflächlich, töricht und unklug, sich die Politik als etwas vorzustellen, das uns definiert, und ich glaube, daß es buchstäblich ein Symptom einer ansteckenden und gefährlichen sozialen Pathologie ist, einer buchstäblichen sozio-emotionalen Pest ist, der Politik diese Art von Bedeutung zu verleihen.

 

Sei ein Liebender

Sei ein Liebender, kein Hassender.

 

Ja, Leiden macht uns stärker: Text für einen Patienten, der mit dem Schmerz einer Trennung zu kämpfen hat

Die Sache ist die, und das gilt immer: Solange man sich nicht umbringt, kann man jede Menge Schmerz überleben. Ich sage Ihnen das als jemand, der viel gelitten hat und jetzt 67 Jahre alt ist: Das Leben ist eine lange Kette von Erfahrungen, von denen man glaubt, daß sie dich umbringen werden, und die dich dann doch nicht umbringen! Vielleicht können Sie sich also zumindest mit dem Wissen trösten, daß Sie, wie die meisten Menschen, praktisch unzerstörbar sind! Der Mensch beherrscht den Planeten nicht nur wegen seines Gehirns. Wir sind die zähesten Bastarde von Tieren, die die Natur je geschaffen hat! Der Streß, dem wir an einem durchschnittlichen Tag ausgesetzt sind, würde einen Löwen töten! Dieser Löwe würde sich einfach irgendwo verkriechen und sich unter einen Busch legen und sterben, weil er das Gefühl hätte: Scheiß drauf, ich bin kein Mensch!

Man kann das also überleben, und sehr oft machen uns die Dinge, die wir überleben, doppelt so stark, wie wir vorher waren, und oft auch doppelt so weise. Und ich hasse es, das zuzugeben, aber die Wahrheit ist, daß Leiden uns sehr oft zu besseren Menschen macht. Das ist verdammt beschissen, aber es ist oft wahr. Es wird dich eines Tages zu einem besseren Ehemann machen, es wird dich zu einem besseren Vater machen. Denn du wirst sowohl stärker als auch emotional offener sein und deshalb fähig zu lieben und zu geben. Und wenn man etwas überlebt, ist man in Zukunft widerstandsfähiger und mutiger.

Ich würde also sagen: Haben Sie keine Angst vor Ihrem Schmerz. Sie können sich dem Leiden aussetzen. Sie werden überleben, und Sie werden dadurch ein besserer Mensch werden, solange Sie nicht zulassen, daß sie bitter und wütend werden. Halten Sie Ihr Herz offen. Lassen Sie das Leid zu. Und Sie werden dadurch ein besserer Mensch werden. Und am Ende des Tages sogar liebenswerter, als Sie es vorher waren.

 

Anpassen

Das Leben ist zu kurz, um dem „Dazugehören“ eine hohe Priorität einzuräumen.

 

Autorität, Autoritarismus und Antiautoritarismus

In unserer heutigen Gesellschaftsordnung herrscht große Verwirrung über das Wesen der Autorität. Infolgedessen herrscht die irrige Auffassung, daß alle Formen von Autorität gleich sind. Hier einige Perspektiven des Psychiaters und soziologischen Theoretikers Charles Konia, M.D:

„Es gibt natürliche Autorität, Zwangsautorität und Anti-Autorität.... Die natürliche Autorität eines Menschen entspringt dem biologischen Kern, und seine Arbeitsfunktion wird ohne Verzerrung durch die soziale Oberfläche ausgedrückt ... natürliche Autorität ist in der Lage, die Gesellschaft durch die spezifische biologische Arbeitsfunktion des Einzelnen zu organisieren.“ (Konia 2022, Seite 363) „Autoritarismus: Das soziale System, das nach dem Prinzip der zwangsmoralischen Regulierung funktioniert. Die autoritäre Familie mit dem Vater an der Spitze reproduziert sich im autoritären Staat“ (Konia 2008, S. 453). „Zwangsautorität war die Regel in der zurückliegenden autoritären Ordnung. Geleitet von einer Zwangsmoral, funktionierte sie auf lokaler Ebene, um die soziale Ordnung zu kontrollieren und aufrechtzuerhalten, indem sie die Impulse des gesunden Kerns produktiv lenkte und die destruktiven Impulse der pathologischen mittleren Schicht eindämmte. [Fußnote 64: Zur Zeit der Gründung der Vereinigten Staaten konnte mit dem damals verfügbaren Wissen nicht zwischen diesen Schichten unterschieden werden. Auch gesunde sexuelle Impulse wurden unterdrückt, die Grundlage der sozialen Ordnung.] Trotz ihrer Unzulänglichkeiten bewahrte die autoritäre Gesellschaftsordnung weitgehend die Autorität der Individuen, sowohl die rationale als auch die irrationale....“ (Konia 2022, Seite 363) „Antiautoritarismus: Das soziale System, das sich sowohl gegen neurotische (irrationale) als auch gegen rationale Autorität auf jeder Ebene der sozialen Organisation wendet.“ (Konia 2008, Seite 453) „Antiautorität ist die typische Form der Autorität in der heutigen linksdominierten Gesellschaftsordnung. Sie ist das Ergebnis des Zusammenbruchs der früheren autoritären Gesellschaftsordnung, insbesondere des Zerfalls der repressiven autoritären Familienstruktur ..... Die Kinder fühlten sich ängstlich, verwirrt, wütend und ziellos. Aus Frustration und Verwirrung richtete sich ihre Wut gegen alle Formen von Autorität, sowohl gegen irrationale als auch gegen rationale. Die antiautoritäre Gesellschaft mit ihrer zentralisierten, kollektiven Staatsgewalt war die Folge. Der Antiautoritarismus, der sich prinzipiell gegen jede Form von individueller oder lokaler Autorität wendet, sollte die Lösung der Linken für die Destruktivität der vorherrschenden autoritären Gesellschaftsordnung sein. Anstatt jedoch irrationale Autorität zu bekämpfen und zu beseitigen, wurde sie zu einem Mittel für emotionell pestkranke Individuen, um Macht über andere in allen sozialen Bereichen zu erlangen. Insbesondere der zwanghafte Autoritarismus auf zentraler Ebene – die Tyrannei der Bürokratie – ergab sich, als die Gesellschaft mit dem wachsenden Chaos konfrontiert wurde, das durch antiautoritäre Einstellungen, Ideen und Verhaltensweisen entstand. Dies und die damit verbundene Moral der politischen Korrektheit waren notwendig, um die zerstörerischen Folgen des Antiautoritarismus einzudämmen. Im Gegensatz zur natürlichen Autorität sind beide jedoch, da sie nur im Dienste des Ausdrucks von Impulsen aus der destruktiven Sekundärschicht des gepanzerten Menschen funktionieren, ein Ausdruck der Emotionellen Pest, die den Kernfunktionen des Lebens völlig entgegengesetzt ist.“ (Konia 2022, S. 363-364, Kursivdruck im Original)

Konia, C. 2008: The Emotional Plague. Princeton, NJ: A.C.O. Press
Konia, C. 2022: Clueless. Princeton, NJ: A.C.O. Press

 

Wenn Politik rational wäre

Wenn Politik rational wäre, könnten die Menschen darüber diskutieren, ohne sich gegenseitig zu hassen oder die Politik als Ersatz für oder Ablenkung von ihrem persönlichen Gefühl von Identität zu benutzen.

 

Wie weit kannst du gehen?

Liebe ist blind, sagt man.

Aber ist das so?

 

Entweder, oder, und

Ich glaube nicht wirklich an „entweder/oder“. Ich glaube an „und“. These und Antithese sind wichtig, aber letzten Endes ist immer die Synthese für das Leben grundlegend.

 

Vergebung als Ergebnis einer aufrichtigen Auseinandersetzung mit der Dunkelheit

Verzeihen ist der beste Gefallen, den man sich selbst erweisen kann. Manchmal ist es relativ einfach, aber in anderen Fällen ist es nicht so leicht dorthin zu gelangen. In diesen Fällen muß man sich vielen Dingen stellen und sie durcharbeiten, und es gibt keine Abkürzung, denn so muß es sein, damit die Vergebung echt ist. Vergebung ist also ein Endergebnis, nicht unbedingt immer das Mittel dazu. Manchmal muß man sich der Dunkelheit stellen, um zum Licht zu gelangen.

 

Wahrheit und Liebe

Wahrheit und Liebe, unsere unzertrennlichen Freunde. Sie gehen überall zusammen hin.

 

Das Ringen um die Wahrheit

Das ganze Leben ist ein Kampf, um die Wahrheit zu entdecken, die Angst vor ihr zu verlieren und sie zu leben. Das ist der Weg zu mehr Leben. Freunde sind Menschen, die einem dabei helfen.

 

Gewinnen und Verlieren

Die einzige Schlacht, die jemals wirklich verloren ist, ist die, vor der man zu viel Angst hat, um sie auszufechten.

 

Dumme Menschen

Die Realität nicht zu sehen, erfordert manchmal einen Akt von Genialität, den nur intelligente Menschen vollbringen können. Dumme Menschen sind nicht „intelligent“ genug, um zu leugnen, was ihnen direkt vor Augen steht.

 

Die Subjektivität der Politik

Politik ist ein subjektives Unterfangen, bei dem die verfeindeten Kontrahenten behaupten, ihre Seite sei die einzig objektive.

 

Über das Drängen

Gepanzerte Logik: „Ich muß mich anstrengen, sonst wird nichts passieren. Ich muß mich selbst antreiben, um etwas zu erreichen. Ich muß andere Menschen anspornen, damit sie etwas zustande bringen. Ich muß mich selbst zur Arbeit antreiben. Wenn ich mich nicht antreibe, werden mich die Leute nicht mögen und ich werde nicht erfolgreich sein. Ich muß Menschen dazu bringen, mich zu lieben. Ich muß mich sexuell pushen, sonst kann ich nicht richtig performen.“

 

Werde der Strom

Wie man „Fortschritte“ macht, ohne sich zu drängen:

Finde den „Strom“ in dir selbst. Spüre, in welche Richtung der Strom fließen will. Steige in dein „Kanu“ und „paddele“ mit dem „Strom“.

Du und der Strom werden dich dorthin bringen, wo du hinwillst, und zwar auf dem Weg, auf dem du dorthin kommen sollst.

Du bist nicht der Strom, bis du dich von ihm dorthin bringen läßt, wo er hin will. Dann entdeckst du, daß der Strom du bist, und du und der Strom sind eins geworden. Und das ist mächtiger und effektiver, als du es „alleine“ hättest sein können.

 

Liebe ist ein Strom

Die Liebe ist ein Strom. Schließe dich dem Strom an. Laß los und finde heraus, wohin ihr beide gehen wollt.

 

Wohin der Strom gehen will

Manchmal will der Strom des Lebens dorthin, wo du ihn nicht hinhaben willst. Manchmal möchtest du dorthin gehen, wohin der Strom des Lebens dich nicht hinbringen will.

 

Leid kann manchmal das Herz öffnen

Manchmal kann großes Leid die Ketten zerreißen, die uns bisher daran gehindert haben, zu sehen, zu lieben und zu vergeben.

 

Der Weg zur Freude

Das Leben ist ein langer Prozeß, in dem man Dinge überlebt, von denen man nicht dachte, daß man sie überleben könnte. Wachstum tut weh und ist manchmal erschreckend und herzzerreißend, aber es kann weiteres Leben möglich machen. Um zur Freude zu gelangen, muß man manchmal leiden.

 

Zensur, Selbstzensur und Identität

Selbstzensur ist ein universeller Prozeß im Leben. Es ist etwas, das in den frühesten Jahren der Kindheit beginnt. Wir beobachten die Welt um uns herum, unsere Freunde, unsere Familie und die Gesellschaft, und um uns zu schützen, zensieren wir uns selbst. Zu einem Großteil tun wir das, ohne uns dessen bewußt zu sein, was wir da tun. Selbst wenn wir wissen, daß wir es tun, wird es schließlich unbewußt und automatisch.

Diese Art der Selbstzensur ist im Wesentlichen die Ursache aller Hindernisse für Glück und persönliche Freiheit.

 

Autoritarismus hat immer eine Ausrede

Der Autoritarismus hat immer eine Ausrede, manchmal eine sehr vernünftig klingende Ausrede. Glauben Sie niemals den Ausreden, egal was sie sind, denn auf lange Sicht findet die Freiheit bessere Lösungen für Probleme.

 

Lügen, Verstecken und die Wahrheit

Ich glaube, man könnte sagen, daß die meisten Probleme des menschlichen Lebens durch das Verheimlichen der Wahrheit verursacht werden.

Wenn ich Lügen und Notlügen erzähle, habe ich das Gefühl, mich selbst abzustumpfen und das Bedürfnis aller anderen zu unterstützen, vor der Wahrheit zu fliehen. Es wird zu einer Verschwörung des Versteckens.

Ich denke, daß Lügen und Notlügen etwas für Feiglinge sind, obwohl ich verstehe, daß die meisten Menschen das Gefühl haben, sie müßten feige sein. Es ist eine Lebensweise und wird kulturell stark gefördert, wenn nicht sogar gefordert. Aber ich glaube nicht, daß es auf lange Sicht zu guten Ergebnissen führt.

Lügen und Verheimlichen sind meiner Meinung nach eine Form von Tod und Mord, trotz aller Rationalisierungen, die sie erfahren. Für mich ist die Wahrheit eine Möglichkeit, das Leben zu bewahren und nicht den Kontakt zu ihm in einem Dschungel zu verlieren, aus dem es irgendwann kein Zurück mehr gibt. Und dann verbreitet man einfach noch mehr Lügen an seine Mitmenschen, was in meinen Augen wie das Verteilen von Gift ist. Es ist, als ob man die Wasserversorgung vergiftet.

Die Wahrheit, auch wenn sie sehr brutal sein kann, ist letztendlich weniger brutal als die Lüge. Und das ist einer der vielen Gründe, warum ich für die Meinungsfreiheit und gegen politische Korrektheit und Woke-ismus und die Critical Race Theory und jede andere gesellschaftliche Praxis bin, die Menschen davon abhält, ihre Wahrheit auszudrücken und sie unter Druck setzt, sich einem Narrativ anzupassen, das sie nicht frei gewählt haben. Ich glaube an die Demokratie der Ideen und den Markt der Ideen. Lassen wir die Menschen entscheiden.

Die Menschen weichen der Wahrheit aus, weil schon das erste bißchen Wahrheit, das ausgesprochen und gelebt würde, weitere Wahrheit hervorriefe; und dies würde sich unberechenbar fortsetzen und die meisten Menschen aus ihrer gewohnten Bahn werfen. (…) die Menschen (…) unterstützen die Lüge, weil sie zu einer Krücke geworden ist, ohne die das Leben nicht mehr möglich wäre. Deshalb steht im normalen Verkehr der Menschen untereinander die Wahrheit und nicht die Lüge unter dem Verdacht, falsch zu sein. (Reich, W. (1953). Christusmord, Walter-Verlag 1977, S. 309)

 

Lust auf das Leben

Es gibt kein Leben ohne Leiden. Wenn man leben will, muß man bereit sein zu leiden. Ich sage das nicht auf eine düstere Art und Weise. Ich sage das als ein Befürworter des Lebens. Ich denke, man muß das Leiden auf eine lustvolle Art und Weise willkommen heißen, es auffordern einen zu töten, zu dem Versuch ermutigen einen zu besiegen. So ist das, wenn man leben will.

 

Platz in meinem Herzen

In meinem Herzen ist Platz für alle meine Gefühle. Sie sind alle willkommen und können ihren jeweiligen Platz einnehmen. Ich sortiere sie nicht aus. Sie sind meine Freunde. Sie wissen besser als ich, was ich brauche. Ich vertraue ihnen und lasse mich von ihnen belehren.

 

Das Paradox der Zerbrechlichkeit

Ich respektiere, liebe und schätze die Zerbrechlichkeit und Verletzlichkeit der Menschen, mich eingeschlossen. Ein Grund für meinen Respekt, meine Liebe und sogar meine Bewunderung für diese Eigenschaften ist das scheinbare Paradoxon, daß in ihnen einige der größten und tiefgreifendsten Eigenschaften überhaupt wohnen, einschließlich der Fähigkeit zu Liebe, Empathie, Kreativität, Fantasie, Originalität, Unabhängigkeit und sogar Stärke und Größe.

 

„Entweder/Oder“ und ihr “gemeinsames Funktionsprinzip“

Im täglichen Leben müssen wir ständig entweder/oder-Entscheidungen treffen, und daran führt kein Weg vorbei. Anders verhält es sich meiner Meinung nach, wenn es darum geht, etwas wirklich zu verstehen. Wenn wir versuchen, etwas zu verstehen, wird das Entweder-Oder-Denken die Tiefe unseres Verständnisses einschränken.

Ich will damit nicht sagen, daß man in der alltäglichen Umgebung immer eine solche Tiefe des Verstehens anbringen kann, denn in unserer Alltagswelt gibt es Dinge, die die universelle Anwendung des Verstehens hintertreiben.

Aber es bleibt die Tatsache, daß es immer ein tieferes Verständnis jenseits des Entweder-Oder gibt, auch wenn es nicht sofort auf eine sehr konkrete und praktische Weise nützlich ist. Und ich glaube, daß es auf lange Sicht immer die Möglichkeit gibt, dieses Verständnis auf praktische Weise in der Alltagswelt anzuwenden.

Der Psychiater und Soziologe Wilhelm Reich formulierte dieses Verständnis von Entweder-Oder, indem er darauf hinwies, daß Funktionen in der Natur, auch in der menschlichen Natur und in Gesellschaften, typischerweise in „gepaarten Varianten“ auftreten, die eine Vielzahl von Beziehungen zueinander haben, obwohl sie gemeinhin als gegensätzlich zueinander betrachtet werden können. Reich legte jedoch dar, daß diese gepaarten Variationen, die antithetisch zueinander stehen, gleichzeitig auch als „identisch in Bezug auf ein gemeinsames Funktionsprinzip“ („CFP“) angesehen werden können. Mit anderen Worten, es gibt eine tiefere gemeinsame Funktion, die in den beiden gepaarten, antithetischen Variationen am Werk ist, auch wenn die gepaarten Variationen entgegengesetzte Ausdrücke des CFP sein mögen.

Ein Beispiel für ein Paar von Funktionen, die einander entgegengesetzt, aber in Bezug auf ihre CFP identisch sind, sind „Expansion“ und „Kontraktion“, die als identisch mit ihrer CFP „Pulsation“ angesehen werden. Man kann Expansion und Kontraktion zum Beispiel beim Schlagen des Herzens, bei der Tätigkeit der Lungen usw. beobachten.

Diese Art des Denkens kann sehr produktiv sein und hat das Potential, zur Klärung vieler, vieler Fragen beizutragen.

Reich nannte diese Art des Denkens „funktionelles Denken“, weil es die Dinge unter dem Aspekt der Funktionen denkt.

Funktionelles Denken ist ein Gesichtsprunkt der „Orgonomie“, Reichs Begriff für das Studium der Funktionen in der Natur, wie sie durch die Beobachtung von Energiephänomenen veranschaulicht und verstanden werden, die durch andere konventionelle Energietheorien wie die Theorie des Elektromagnetismus und die Theorie der Quantenphysik nicht vollständig erklärbar sind. Reich nannte diese Energiephänomene „Orgonenergie“.

In der „orgonomischen“ Literatur ist viel über Funktionen geschrieben worden. Es wurde gesagt, daß „wir keine formale Definition von ‚Funktion‘ haben“ (Harman: Course on Orgonometry. American College of Orgonomy, Princeton, NJ, 3. Nov. 2001). Harman hat jedoch „Funktion“ folgendermaßen beschrieben: „Funktion ist das, was etwas tut“ (ebd.), was meiner Meinung nach eine ebenso gute Definition ist wie jede andere.

Das funktionelle Denken hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Hegelschen Dialektik mit ihrer These und Antithese, von der man sagen könnte, daß sie Reichs gepaarten Variationen ähnelt, und mit der Hegelschen Synthese, von der man sagen könnte, daß sie Reichs CFP ähnelt, aber es gibt wichtige Unterschiede zur Hegelschen Dialektik.

 

 

zuletzt geändert
02.11.24

 

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