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ORGONOMISCHE SOZIOLOGIE

 

 

DER POLITISCHE IRRATIONALISMUS AUS SICHT DER ORGONOMIE

Peter Nasselstein

 

Daß das Böse in der Gestalt des Lichtes, der Wohltat, der Treue, der Erneuerung, daß es in der Gestalt des geschichtlich Notwendigen, des sozial Gerechten erscheint, ist für den schlicht Erkennenden eine klare Bestätigung seiner abgründigen Bosheit. Den ethischen Theoretiker dagegen macht es blind.

Dietrich Bonhoeffer (z.n. 43:253)

 

In seiner Massenpsychologie des Faschismus (58) analysierte Reich den "biologischen Rechenfehler", also das Ignorieren von Freiheitsangst, Kontaktlosigkeit und mechanistisch-maschineller Lebensauffassung, der die gängige Auseinandersetzung mit soziopolitischen Themen bestimmt. Auf dieser Vorarbeit fußend wurde 1967 von Elsworth F. Baker in Der Mensch in der Falle (5) und in der Folgezeit von seinen Schülern in ungefähr drei Dutzend Artikeln im Journal of Orgonomy eine eigenständige orgonomische Soziologie entwickelt, die im vorliegenden Artikel in groben Umrissen vor dem Hintergrund der Verhältnisse in Deutschland nachgezeichnet wird. Insbesondere geht es um das Verhältnis von Konservatismus (Tradition) und Liberalismus (Fortschritt).

Konservatives Denken ist einseitig auf die Vergangenheit und das Gemeinsame Funktionsprinzip (CFP) der geschichtlichen Entwicklung gerichtet, "fortschrittliches" (links-) liberales Denken auf die unendlichen Verzweigungen der Zukunft (vgl. Orgonometrie) (23). Die Orgonomie steht in der Mitte: einerseits orientiert sie sich "konservativ" an Gemeinsamen Funktionsprinzipien, andererseits strebt sie fortschrittsorientiert nach der Überwindung überkommener Strukturen ("Panzerungen").

 

 

1. Ein Max Stirner des Sexus

Reichs soziopolitisches Denken war von Anfang an eine Auseinandersetzung mit dem Kommunismus. So sprach er sich schon 1920 in seinem Tagebuch gegen die kollektivistische Haltung seiner kommunistischen Freunde aus. Unter ihrem Einfluß bringt er der damals akuten Vision einer sozialistischen Weltrevolution zwar einige Sympathie entgegen, fühlt sich jedoch gleichzeitig von der Politik eher abgestoßen und bekennt sich stattdessen, mit Max Stirner und gegen den "Weltgeist", zur individuellen Selbstverwirklichung (68:139). (Zu Stirner siehe Max Stirner und die Kinder der Zukunft.)

Bezeichnend für seine damalige Haltung ist folgende Tagebucheintragung von 1921: "Kommunistisches Gefasel und egoistische Wirklichkeit! Siehe Rußland! Max Stirner, der Gott, der 1844 sah, was wir 1921 nicht sehen! Irgendwie greift in mir die Überzeugung feste Wurzel, daß eine wirtschaftlich-kommunistische Ordnung ohne offenes Bekenntnis zum Egoismus unmöglich ist. Der Mensch ist egoistisch nicht nur im A. Adler-Sinne, sondern auch im Sexus. Altruismus ist nur eine Form des Egoismus, aber eine, die an Wert über den subjektiven hinausgeht. Können die Menschen zu dieser Form erzogen werden? Nein! Erzogen können sie überhaupt nicht werden!" (68:191).

Bereits 1919 hatte er sich in einer seiner ersten Veröffentlichungen, einer "Kleinen Mitteilung" in der Zeitschrift für Sexualwissenschaft, skeptisch über eine "Aufklärung" ausgesprochen, die den Kern der Unmündigkeit unberührt lasse: die sexuelle Unaufgeklärtheit (53). Dieser Grundgedanke sollte ihn in der Folgezeit zunächst zu seiner politischen Tätigkeit in der Sozialdemokratischen und dann in der Kommunistischen Partei führen. Nur über diese Organisationen hatte er einen breiteren Zugang zu den (sexual-) aufzuklärenden "Massen". Diese "sexualökonomische" Aufklärungsarbeit kulminierte schließlich in seiner eigenen "Sexpol"-Organisation.

 

 

2. Faschistische Sozialdemokratie

Was die sozialdemokratische Politik in Wien betrifft mußte Reich schnell erkennen, daß sie imgrunde "Rassenhygiene" (sic!) war, die sich genau gegen jenes "Lumpenproletariat" richtete, mit dem Reich in seiner Arbeit am Psychoanalytischen Ambulatorium Umgang hatte und deren psychische Struktur er 1925 in seinem Buch Der triebhafte Charakter eingehend analysierte (61). Ein Subproletariat, das von der Sozialdemokratie, ganz entsprechend dem vulgär-Darwinistischen Geist der Zeit, als "rassisch minderwertig", gleich sexuell haltlos, abgeschrieben war. Das "triebhafte Leben", gegen das die Sozialdemokraten, u.a. Reichs Intimfeind Paul Federn, ein, mittels einer "aufgeklärten" Sexualmoral und "wissenschaftlichen" Eugenik, "rassisch gefestigtes", d.h. triebgehemmtes Proletariat setzen wollten, das bei seinem Sexualverhalten stets die Bevölkerungspolitik im Hinterkopf behielte (12; 17). Später werden wir detailliert auf die gemeinsame Grundlage des linken und rechten Faschismus eingehen: den Kampf gegen "das Tier im Menschen", den bioenergetischen Kern.

In Die sexuelle Revolution erwähnt Reich als einen seiner sozialdemokratischen Gegenspieler den Sohn des berühmten Marxistischen Theoretikers Karl Kautsky. Karl Kautsky jr. war Leiter einer eugenisch orientierten Eheberatungsstelle in Wien. Er griff Reichs "kommunistische" Sexualberatungs-Zentren in der sozialdemokratischen Presse an, weil sie den Arbeitern ihre "Ideale" nehmen würden (56:120). Kautsky jr. hatte die Sorge, daß sich das "rassisch minderwertige" Lumpenproletariat ob seiner hemmungslosen Sexualität zuungunsten des Proletariats und des fortschrittlichen Teils des Mittelstandes vermehren und immer weiter ausbreiten würde. Deshalb wäre der Kampf gegen die sinkende Geburtenrate des Proletariats eins mit dem sozialistischen Befreiungkampf. Kautsky jr. zufolge ist ein Anwachsen der Bevölkerung entscheidend für die Entwicklung des Sozialismus. Deshalb müsse der altruistische "Fortpflanzungstrieb" gegen den egoistischen Sexualtrieb mobilisiert werden. Ein neuer Wille zur Vaterschaft müsse entwickelt werden, der nicht mehr rein animalisch sei, sondern durch Vernunft und Verantwortungssinn gebändigt und zielgerichtet (12). (Zur quasi "nationalsozialistischen" Sozialdemokratie Österreichs siehe auch die Ausführungen über Julius Tandler in Der Blaue Faschismus.)

Ähnlich sollten später Stalin, Mao und Ceaucescu argumentieren, aber aus Reichs Perspektive Ende der 1920er Jahre war es nur folgerichtig, daß er sich zu den Kommunisten hingezogen fühlte, die im Wien jener Tage nicht etwa die zunehmend kleinbürgerlich werdenden Proletarier, sondern die arbeitslosen Subproletarier vertraten. Jedenfalls war das aufgrund der Verhältnisse im "Roten Wien" die politische Nische der Kommunisten, ihre "Massenbasis".

 

 

3. Ultralinke Mundwerker

Die Ideologen der Kommunistischen Partei waren Intellektuelle, die, wie Reich selbst, aus dem Bürgertum stammten und ihre falsche Herkunft und damit einhergehende sehr dubiose Motivation mit revolutionärem Verve zu kompensieren suchten. 1933 prangert Reich in seiner Massenpsychologie des Faschismus diesen typischen intellektuellen Revoluzzer an, dessen "linkes" Verhalten, im Gegensatz zu dem des Proletariers, nicht ökonomisch, sondern rein psychologisch aus der infantilen Revolte gegen den Vater zu erklären sei. "Wenn", wie Reich damals in dem besagten Buch schrieb, "soziologisch bornierte Psychoanalytiker die Revolution aus der infantilen Revolte gegen den Vater erklären, so haben sie den Revolutionär aus intellektuellen Kreisen im Auge, bei dem dieser Faktor in der Tat entscheidend ist. Das trifft aber nicht für die Arbeiterklasse zu" (54:101; 58:77).

Einen Schritt über diese psychoanalytische Erklärung hinaus macht Reich ein Jahr später in seiner Abhandlung Psychischer Kontakt und vegetative Strömung, in der er die "Denkarbeit" der "Intellektuellen" als Werkzeug entlarvt, um Einsichten auszuweichen, die ihr neurotisches Gleichgewicht gefährden könnten. Die charakteranalytische Arbeit habe ihm enthüllt, daß die intellektuelle Aktivität derart strukturiert und gerichtet sein kann, "daß sie wie eine äußerst raffiniert arbeitende Apparatur gerade zur Vermeidung der Erkenntnis, wie eine von der Wirklichkeit ablenkende Tätigkeit aussieht" (66:413).

Im gleichen Jahr, 1934, formuliert er in der Schrift Was ist Klassenbewußtsein? seine Kritik an der politischen Praxis dieser "intellektuellen Revolutionäre". Man dürfe, so Reich, in der "Massenpolitik" nicht von den abstrakten Kategorien der Intellektuellen, sondern müsse von den konkreten Bedürfnissen des Massenindividuums ausgehen (69:219). Es ginge nicht an, Klassenbewußtsein intellektuell von oben, sozusagen "vom Kopf herab", "in die Massen zu tragen", sondern es müsse sich aus dem Leben der Massen selbst entwickeln. Dann sei "die revolutionäre Befreiung vom Joche des Kapitals (...) die zusammenfassende Tat, die aus dem voll entwickelten Klassenbewußtsein der Masse von selbst erwächst, wenn die revolutionäre Führung auf allen Lebensgebieten die Massen begriffen hat" (59:65). Das wirkliche Leben der Massen gruppiere sich aber um ihr Streben nach sexuellem Glück.

In dieser sexuellen Revolution stellen, Reichs Ausführungen in Die Sexualität im Kulturkampf von 1936 zufolge, "die allergrößte Schwierigkeit (...) die Pastoren im revolutionären Lager dar. Es sind meist sexuell verkrampfte Intellektuelle, Revolutionäre aus neurotischen Motiven, die, statt mit Wissen zu helfen, nur Verwirrung stiften" (56:250). "Nie mehr darf eine siegreiche Arbeiterbewegung es dulden", führt Reich aus, "daß pastorale Sozialisten, ethisierende Intellektuelle, zwangskranke Grübler und sexuell gestörte Frauen über die Neuordnung des sexuellen Lebens zu entscheiden haben. Man muß wissen, daß diese Schichten der Bevölkerung gerade in den Augenblicken, wo alles höchste Klarheit erfordert, gedrängt von unbewußten Gefühlen sich in die Debatte mischen. So wird gewöhnlich der ungeschulte Arbeiter zum Schweigen gebracht, wie er, was überhaupt nicht gerechtfertigt ist, aus Respekt vor dem Intellektuellen einräumt, daß dieser es besser wisse" (56:262).

In seinem Aufsatz "Dialektisch-materialistische Facharbeiter contra geistige Irrlichter der sozialistischen Bewegung" von 1937 beklagt Reich, die revolutionäre Führung habe die sexuelle Frage nicht nur übergangen, sondern sie würde auch jeden, der diese Alltagsprobleme der Arbeitermassen anspräche, als Reaktionär abstempeln: "Sie konstruieren einen Gegensatz von Sexualproblem und sozialistischem Problem. (...) Ihr sozialistischer Radikalismus ist ein Ausfluß einer krankhaften Rebellion gegen tiefe Bindungen an die bürgerliche Familiensituation und an bürgerliche Ideologie; sie sind von Neid und Minderwertigkeitsgefühlen vor dem bürgerlichen Fachmann gequält. Sie haben dies so stark in sich, daß sie sich immerfort beweisen müssen, wie 'radikal' sie sind und wie 'sozialistisch' und wie sehr 'marxistisch'. (...) Das Motiv, von dem aus sie an die Fragen herangehen, ist reaktionärer Antisexualismus. (...) Diese Ultralinken im Geschwätz sind für die Arbeiterbewegung viel gefährlicher als offene klare Reaktionäre. Sie kranken an einem sozialistisch verhüllten trockenen Intellektualismus, an Prinzipienreiterei (...)" (55).

Über sie und insbesondere die Berliner Kommunisten 1930-1933 schrieb Reich später im Rückblick: "Ich belebe die Massen, kleiner Revolutionär, zeige ihnen die Misere ihres kleinen Lebens. Sie horchen meinen Worten, glühen vor Begeisterung und Hoffnung, rennen in deine Organisationen, weil sie glauben, mich dort zu finden. Du aber, was tust du? 'Die Sexualität ist eine kleinbürgerliche Verirrung', sagst du, 'auf die ökonomischen Faktoren kommt es an'" (65:42).

 

 

4. Die natürliche Arbeitsdemokratie

Noch Jahrzehnte später, kurz vor dem Untergang der DDR, sollte in einer parteioffiziösen Studie über Marxismus und Psychoanalyse Reich von einem Marxistischen Scholastiker vorgehalten werden, mit der Einordnung der biologischen Grundbedürfnisse in den Unterbau habe er "die marxistische Bestimmung des Verhältnisses von Produktion und Bedürfnis verfehlt". Denn für Marx habe "die Produktion den Ausgangspunkt und das übergreifende Element der Entwicklung dargestellt, während die Konsumption als Bedürfnis selbst inneres Moment der produktiven Tätigkeit" gewesen sei. Demgegenüber habe Reich durch sein "extrem biologistisches Herangehen", die Sexualität aus dem "letztlich durch sozialökonomische Verhältnisse determinierten Lebensprozeß der Menschen" herausgerissen und dabei den Menschen selbst "auf einen niederen stammesgeschichtlichen Entwicklungsstand" festgelegt (27:149f). Wieder der Kampf gegen "das Tier im Menschen", den bioenergetischen Kern.

Der DDR-Marxist weist darauf hin, daß schon 1932 der spätere Präsident der DDR, Wilhelm Pieck, als Vertreter des ZK der KPD, Reich vorgehalten hatte: "Ihr geht von der Konsumption aus, wir aber von der Produktion; ihr seit daher keine Marxisten." Auf diese Auslassung Piecks fragte Reich, "ob die Bedürfnisse um der Produktion willen erfolgen oder ob nicht umgekehrt die Produktion der Bedürfnisbefriedigung diene" (59:59). Wie wir aus den obigen Erläuterungen des Partei-Marxisten ersehen, spießt genau diese Frage die Unvereinbarkeit der Reichschen und der Marxschen Herangehensweise auf.

Aus dieser theoretischen Konfliktsituation mit dem Marxismus entwickelte Reich ein vollständig neues "Unterbau-Konzept", das er "Arbeitsdemokratie" nannte: "Da alle Arbeitsprozesse voneinander abhängen und miteinander organisch verflochten sind; da ferner die Konsumption die Produktion bestimmt, ist eine natürlich gewachsene und organisch funktionierende Organisation in der gesellschaftlichen Basis gegeben" (58:279). Was für Marx rational war (der durch unterschiedliche ökonomische Interessen bestimmte Klassenkampf), wurde für Reich zum Inbegriff der Irrationalität, während das, was für Marx irrational war (die Postulierung gemeinsamer Interessen zwischen den Klassen), für Reich die Essenz seiner Bio-Soziologie wurde: die alle Klassen übergreifende natürliche Arbeitsdemokratie. Aus Klassenbewußtsein wurde "Fachbewußtsein" (58:23), bzw. "Arbeitsbewußtsein" (65:116).

Im Rückblick auf seine Marxistische Periode schreibt Reich: "Die Kluft zwischen ökonomistischer und bio-soziologischer Anschauung wurde unüberbrückbar. Der 'Theorie des [vom rationalen ökonomischen Kalkül geleiteten] Klassenmenschen' trat die irrationale Natur der Gesellschaft des Tieres 'Mensch' gegenüber" (58:21). Reich spricht hier vom "biologischen Rechenfehler", den die Marxistischen Mundwerker ständig begehen, da sie (entgegen aller "materialistischen" Rhetorik) von den rationalen, handwerklichen Grundlagen der Gesellschaft abgeschnitten sind.

Angesichts der konstanten Animosität, die ihm in den vorausgegangenen 25 Jahren aus diesen Kreisen entgegengebracht worden war, beklagte sich Reich 1947: "Ich verstehe nicht, wie es Progressive fertigbringen, die einfachen Gegebenheiten der allgegenwärtig wirksamen Beziehungen zwischen den Menschen nicht zu sehen, die nur darauf warten, mit sozialer Macht ausgestattet zu werden" (71:388).

 

 

5. Reich und Marx

Wie hätte Marx selbst auf Reichs Konzept der Arbeitsdemokratie reagiert? Ganz in Übereinstimmung mit den späteren Marxistischen Kritikern Reichs hätte Marx ihn sicherlich als den "flachsten und daher gelungensten Vertreter vulgärökonomischer Apologetik" bezeichnet. Mit diesen Worten brandmarkte Marx jedenfalls den französischen Nationalökonomen Frederic Bastiat (46:8). Gerd Habermann, Vertreter des klassischen (Rechts-) Liberalismus, schreibt 120 Jahre später über Bastiat, als wolle er Reichs in der Zwischenzeit formuliertes Konzept der Arbeitsdemokratie beschreiben:

"Bastiats Hauptanliegen ist zu zeigen, wie ohne besondere Absicht eines Organisators durch die spontane Arbeitsteilung der Marktgesellschaft, sofern nur für Freiheit und Konkurrenz gesorgt ist, sich ein gegenseitiger Austausch von Diensten vollzieht, der Mangel ausgleicht und Wohlstand für alle herbeiführt. In einer solchen Gesellschaft des Tausches spezialisierter Dienste und Güter müssen alle 'berechtigten' Interessen im Einklang stehen. (...) Aus diesem wechselseitigen Austausch von Diensten ergibt sich - jenseits aller Konkurrenz - ein natürliches gemeinsames Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung, eine Solidarität, die nicht erzwungen werden muß, sondern elementar in allen lebendig ist, ja eine Gemeinschaft, die um so intensiver werden muß, je mehr Menschen durch spezialisierte Arbeitsteilung und den dadurch möglichen gesteigerten Genüssen und Annehmlichkeiten des Daseins aneinander gebunden werden" (20:129).

Trotzdem ist es problematisch, Reichs Arbeitsdemokratie "vulgärökonomisch apologetisch" mit einem libertären Kapitalismus gleichzusetzen. Erstens wäre da Reichs zweifelloser "Marxismus". Zwar hat Reich im Laufe seiner Entwicklung wirklich alles am Marxistischen System für null und nichtig erklärt, doch es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß er bis zum Ende den Kern dieses Systems verfochten hat: die Marxsche Arbeits- und Mehrwerttheorie. Aber genauso wie diese Theorie folgenlos für die ökonomische Wissenschaft blieb, hat sie auch in der Orgonomie keinen nachvollziehbaren Platz eingenommen. Vielmehr steht die Marxsche Arbeits- und Mehrwerttheorie in einem eklatanten Widerspruch sowohl mit dem Orgonomischen Funktionalismus als auch mit dem Konzept der Arbeitsdemokratie.

Reich führt in seinem Bekenntnis zur Marxschen Werttheorie in Menschen im Staat (69) aus, daß er sich zu ihr bekenne, weil nur sie den lebendigen Charakter der Ware Arbeitskraft erfassen würde. Aber gerade das kann eine Theorie nicht leisten, die "Wert" mittels Zeiteinheiten "durchschnittlicher gesellschaftlicher Arbeit" messen will. Hier bestimmt eine (vollkommen mystische) "Quantität" die Qualität (den Wert). Der Orgonomische Funktionalismus und das Konzept der Arbeitsdemokratie sagen uns jedoch, daß es genau umgekehrt ist: ich belege eine Ware mit Wert und investiere entsprechend eine bestimmte Quantität an meiner persönlichen Arbeitskraft, um sie zu erlangen. Dieser "Bewertungsprozeß" genauso wie Stärke und Qualität meiner Arbeitskraft fallen in den Bereich der bio-psychiatrischen und bio-soziologischen Untersuchung und stellen dergestalt das Fundament einer orgonomischen Wirtschaftswissenschaft dar (35). Im Gegensatz dazu ist die mechano-mystische Wertlehre von Marx Ausdruck jenes kapitalistischen und kommunistischen Maschinenmenschentums zu dem Reich ein merkwürdig ambivalentes Verhältnis hatte, wie noch zu erörtern sein wird (mehr zur Ökonomie in Ökonomie und Sexualökonomie).

Das führt uns zum zweiten möglichen Einwand gegen eine "kapitalistische" Interpretation des Reichschen Konzepts "Arbeitsdemokratie", der weitaus ernster zu nehmen ist: Die arbeitsdemokratischen Beziehungen sind organisch gewachsen und können deshalb, wie in traditionellen Gesellschaften, mittels gegenseitiger persönlicher Verpflichtungen weit besser garantiert werden, als durch den blinden kapitalistischen Marktmechanismus, der auf diese "Organik" keine Rücksicht nimmt und dergestalt die Arbeitsdemokratie partiell zerstören kann. Zum Beispiel ist Pflege der Kranken und Gebrechlichen natürlicherweise Sache gegenseitiger Verpflichtungen und hat auf dem Markt nichts zu suchen, einfach weil Menschen und Gefühle (etwa Mitleid) keine Waren sind.(1)

Allein schon anhand des Reichschen Mottos "Liebe, Arbeit und Wissen" kann man den Unterschied zum kapitalistischen "Eigennutz, Kalkül, Verdinglichung und Kommerzialisierung" ablesen. Zum Beispiel merkt Reich Anfang der 1940er Jahre an: "Die Entwertung des Konkurrenten, meist eine jeder Ehrlichkeit bare Handlung, ist ein wesentliches Werkzeug des 'Geschäfts'" (58:67). Der Markt ist sozusagen die Loslösung der Arbeitsdemokratie von ihren eigenen bioenergetischen Grundlagen. Diese Loslösung sieht man daran, daß praktisch alles "austauschbar" wird und alle Gefühlsbindungen ("Liebe"), alle Sinnhaftigkeit ("Arbeit") und Kooperation ("Wissen") zerrissen werden. Also genau das, was auch im "staatskapitalistischen" Realsozialismus geschehen ist. In diesem Sinne, und zwar ausschließlich in diesem Sinne, ist Kritik am Kapitalismus berechtigt. Sozialistische Kritik am Kapitalismus jedoch, wie sie von der PDS oder NPD kommt, ist Kritik an der Arbeitsdemokratie und irrational! (35:165).(2)

 

 

6. Das Dreischichtenmodell

Anfang der 1940er Jahre formulierte Reich sein "Dreischichtenmodell" der menschlichen Struktur: Kern, Mittlere Schicht und Fassade. Auf diese Weise öffnete er einen neuen Zugang zum Verständnis des politischen Irrationalismus. Zum Beispiel führte er den "falschen Liberalismus" auf die oberflächliche, verlogene Charakterschicht zurück. Auf diese Weise entsprechen Reich zufolge "die verschiedenen politischen und ideologischen Gruppierungen der menschlichen Gesellschaft den verschiedenen Schichten der menschlichen Charakterstruktur" (58:12).

Aufgrund der biophysikalischen Struktur kann man dergestalt das sozio-politische Verhalten grob in vier Bereiche einteilen: ungepanzertes Verhalten, das aus dem Kern stammt (natürliche Arbeitsdemokratie); Verhalten, das aufgrund von muskulärer Panzerung einem verzerrten Kernkontakt entspricht (der von "höheren Werten" sprechende Konservatismus); Verhalten, das aus der sekundären Charakterschicht kommt, also sadistische Impulse mechanistischer oder mystischer Natur (Roter und Schwarzer Faschismus); und schließlich Verhalten, das der sozialen Fassade entspringt und mit einer spezifischen okularen, "intellektualistischen" Panzerung einhergeht (der verlogene [Links-] Liberalismus).(3)

Diese linksliberale Charakterstruktur kommt z.B. zum Ausdruck, wenn die Linksliberalen den Roten Faschisten verteidigen: sie verteidigen in Wirklichkeit ihre eigene "Fassade", denn die Enttarnung des Kommunismus wäre identisch mit der Bloßstellung ihrer eigenen Charakterstruktur. Deshalb treten sie in den Dienst der Sekundären Schicht, also des Faschismus.(4) Groteskerweise geht diese Unterstützung der größten Lebensfeindlichkeit (z.B. des "Widerstandes" gegen "US-Besatzer" oder Israel) einher mit einem lautstarken sogenannten "Antifaschismus", der ebenfalls eine Funktion der linksliberalen Charakterstruktur ist.

Zu Reichs Konzept paßt folgendes Bild, das der Österreicher Peter Sichrovsky gezeichnet hat: "Der nie aufgearbeitete Haß auf die Bevölkerung der eigenen Heimat ist ein besonderes Kennzeichen der antifaschistischen Denkweise. Wie einen Tropfen Öl sieht sich der Antifaschist auf dem See der Heimat schwimmend [die vom Kern abgetrennte Fassade, PN]. Getrennt von dem Bösen und unvereinbar, bleibt er ewig rein und jungfräulich" (79:105). Die Heimat (der bioenergetische Kern), das Böse (die Sekundäre Schicht, die der Antifaschist mit dem Kern vermengt) und schließlich der von allem losgelöste unbenetzte "antifaschistische Öltropfen" (die vom Kern abgetrennte Fassade).

Die beiden Verhaltensforscher Hans Hass (siehe Hans Hass und der energetische Funktionalismus) und Irenäus Eibl-Eibesfeldt sind, ebenfalls unabhängig von der Orgonomie, in den 1960er Jahren bei ihren "Expeditionen zu uns selbst" im Kulturvergleich auf eine klare Systematik gestoßen (24:S. 131f), die Reichs Dreischichtenmodell bestätigt.

Bei den Naturvölkern fanden sie die Gefühlsregungen des Gesichts "offen und unverhüllt". Hass schreibt: "Der stärksten Mimik begegneten wir bei einigen Shom Pen, die wir auf Groß-Nikobar im Golf von Bengalen - wahrscheinlich als erste Weiße - zu Gesicht bekamen. Sie zeigten Ausdrücke von einer Deutlichkeit und Kraft, die auch den besten Schauspieler in den Schatten stellten." Bei diesen Menschen scheint jede Panzerung zu fehlen. Sie sind die soziale Entsprechung des gesunden ungepanzerten Kerns. Sie vertreten die ideale "Ur-Arbeitsdemokratie".

Den Golf von Bengalen und den Ganges aufwärts gelangt man in den gepanzerten Bereich, wie er von den patriarchalischen Gesellschaften Asiens verkörpert wird. So stießen Hass und Eibl-Eibesfeldt in Benares "auf ganz maskenhafte unbewegte Gesichter, in denen die ernste Lebensauffassung des Inders wie auch der besondere Nimbus der heiligen Stadt zum Ausdruck kamen". Die Japaner "zeigten ebenfalls deutlich diesen die normalen Regungen unterdrückenden Kontrollmechanismus". Dies entspricht der Funktionsbasis des Konservativen Charakters, der sich noch etwas Kontakt zum Kern bewahrt hat und ob der Verzerrung durch die Panzerung zur Mystik neigt. Sie wird durch die schwerarbeitende und damit die aktuelle Arbeitsdemokratie tragende überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung vertreten.

Periodisch kommt es zu Ausbrüchen an Irrationalität, bzw. Emotioneller Pest, z.B. in Indien zu Massakern zwischen Hindus und Muslimen, die die Arbeitsdemokratie zerstört. Dies entspricht der Sekundären Schicht der Charakterstruktur, dem Bereich der Sekundären Triebe, die durch die Umwandlung der primären Triebe infolge der Panzerung entstanden sind. Jahrtausende lang hat der "sittliche" Konservative Charakter versucht, diese böse Energie, den Teufel, in Schach zu halten. Heute jedoch läßt man ihm im Namen von (linker) Liberalisierung und "Emanzipation" freien Lauf.

In Europa fanden Hass und Eibl-Eibesfeldt die mimischen Ausdrücke zwar "ungemein stark, aber nicht ehrlich". Dies ist die charakterologische Verlogenheit des Liberalen, der nicht mehr authentisch aus dem Kern heraus lebt und ganz in einer losgelösten Fassade aufgeht. Die Gesichtszüge unterliegen im Namen von Kultur und "Mitgefühl" der "Berechnung". Auch diese Charakterstruktur ist mit der aktuellen Arbeitsdemokratie vereinbar. Beziehungsweise wäre sie vereinbar, wenn sich die Abwehr gegen die Sekundäre Schicht nicht zunehmend in den Dienst derselben stellen würde.

Eibl-Eibesfeldt vermutet, die "kritischere und unabhängigere Grundeinstellung des Europäers [könnte] zum Teil darauf beruhen, daß hier die Kinder schon früh von der Mutter getrennt aufgezogen werden." So würde das "Urvertrauen" abgeschwächt (24:186).

Aus orgonomischer Sicht wird auf diese Weise der Mensch von seinem Kern abgetrennt und dadurch das Fundament für die liberale Charakterdeformation gelegt (vgl. 50:79). Diese "mißglückte biologische Revolution", für die Europa und die Aufklärung stehen, ist der bioenergetische Ursprung sowohl des Kapitalismus als auch des Kommunismus. Vor diesem Hintergrund erklärt sich einerseits der "kapitalistische" Rechtsliberalismus, der den Menschen zwar aus der kompletten gesellschaftlichen "konservativen" Abpanzerung (Zunftwesen, Feudalismus, Aberglauben, Staatsreligion, etc.) befreite, jedoch, wie am Beispiel des kapitalistischen Marktes gezeigt, den Menschen gleichzeitig auch ein wenig von seinem Kern wegführte,(5) was man allein schon daran sieht, daß (ähnlich wie im Sozialismus) die Mütter für den Arbeitsmarkt freigesetzt werden sollen. (Übrigens gegen den heftigen Widerstand der mit den Rechtsliberalen verbandelten Konservativen ["Heim und Herd"].) Auf der anderen Seite hat der Linksliberalismus (Sozialismus), den Menschen unvergleichlich radikaler von seinem "konservativen" bioenergetischen Kern abgespalten ("Emanzipation"): "Sozialisierung der Kindererziehung". In der Geschichte haben alle Sozialisten versucht, Mutter und Kind zu trennen. Sie soll arbeiten und ihr Kleinkind Kinderkrippen überlassen.

 

 

7. Reichs Einschätzung der Konservativen

Als er die bioenergetische Grundlage des "Liberal- und Linksseins" durchschaute, stellte sich Reich zunehmend auf die Seite der Konservativen. So fragt er Mitte der 1940er Jahre in seinem Tagebuch, ob er seine Organisation mitten im "Feindesland" errichten würde, in Maine, dem konservativsten Gebiet der USA. Seine Antwort: "Blödsinn! Die Achtung, die mir hier entgegengebracht wurde, zeigt, daß sogar Konservative ein wahrhaft revolutionäres Herz haben und daß sie Arbeit und Liebe mehr ehren als manch ein Sozialist" (71:303f).

Mit der Entwicklung der Charakteranalyse zur Psychiatrischen Orgontherapie wurde Reich zunehmend klarer, daß die Panzerung eine lebenswichtige Schutzfunktion hat und daß sie deshalb nur langsam und systematisch beseitigt werden kann, wenn es nicht zu einem Zusammenbruch des Organismus und zu einer reaktiven vollständigen Verpanzerung kommen soll. Entsprechendes läßt sich über die gesamte Gesellschaft sagen. Aus diesem Grunde begann Reich Anfang der 1950er Jahre genau jene Wesenszüge zu würdigen, die er vorher stets gegeißelt hatte, insbesondere das Streben nach Sicherheit; eine Sicherheit, die das konservative Verharren im Althergebrachten vermittelt. Er schreibt dazu:

"Diese Sicherheit ist für die Existenz des Menschen wesentlich, auch wenn sie ihn abtötet. Ohne sie würde er zugrunde gehen. Das laute Geschrei der Freiheitslümmel, der Freiheitskrämer, sollte nicht von dieser Einsicht ablenken. Der Freiheitslümmel, der aus völliger Unwissenheit und Verantwortungslosigkeit laut nach Freiheit schreit, nur weil er selbst sich im negativen Sinne ausleben will, würde voll und ganz versagen, überhaupt irgendein sinnvolles soziales Funktionieren aufrecht zu erhalten, nachdem er den konservativen Verteidiger des status quo beseitigt hätte. Allein, um seinen Kopf zu retten, würde er weitaus grausamer und zügelloser in der Unterdrückung lebendigen Lebens werden, als es sich irgendein Konservativer überhaupt nur vorstellen könnte" (63:133).

Für Reich sind Sozialisten "Feinde des Menschen", weil sozialistische Gesinnung unweigerlich zu Dirigismus führt "und zwar in dem Ausmaß, in dem Sozialismus ernstgenommen wurde" (63:136). Damit bezog sich Reich durchaus nicht nur auf das Stalinistische Regime in Rußland, sondern auch auf die Sozialisten in Europa und die Linksliberalen in Amerika. Entsprechend schrieb er 1949 an Neill, daß sozialistische Regierungen, wie z.B. diejenige Englands, für Politik und Emotionelle Pest weit stärker stehen würden, "als je irgend etwas zuvor" (51:343). Um die gleiche Zeit herum schrieb er: "Die Vorstellung, der Kapitalist sei für alle Not verantwortlich zu machen, wurde zu einer solch fixen Idee, daß sich die Politiker der Linken zu den reaktionärsten und lebensfeindlichsten Vertretern der gesellschaftlichen Ideologie entwickelten" (67:44). 1950 gestand ihm ein junger Anhänger, er sei Sozialist. Ein Vierteljahrhundert später berichtete dieser: "Reich schaute mich mit einer Art von Mitleid an. Er schüttelte seinen Kopf und sagte: 'Sie wissen nicht, wie krank das ist. Sie werden es herausfinden.' Er hatte recht" (z.n. 28).

Reichs damalige "pro-konservative" Haltung läßt sich auch indirekt an seiner vier Jahre später geschriebenen "Entgegnung" auf die gegen ihn erwirkte gerichtliche Verfügung ersehen, in der er sich auf das "Naturrecht" beruft (62). Naturrecht, für das Marx nur Verachtung übrig hatte, beruht im Kern auf dem selbstverständlichen Recht auf Selbstbesitz und damit naturnotwendig auf Eigentum (vgl. 67:44) und ist damit mit Linksliberalismus, Sozialismus und Sozialstaat unvereinbar (2).

 

 

8. Die Verantwortung des Kleinen Mannes

Wladimir Bukowski, UdSSR-Dissident der 1960er und 70er Jahre, besuchte 1977 als Gast der amerikanischen Gewerkschaften 14 Städte in den USA. Insbesondere wurden ihm die Slums gezeigt, damit er "die ganze Realität" des Westens erfassen könne. Die Armut konnte ihn jedoch nicht schockieren, denn die kannte er aus seiner Heimat zur Genüge; was ihn wirklich aufwühlte, war die psychische Einstellung, die in den Slums vorherrschte. Er selbst war in Rußland in einem Slumgebiet aufgewachsen und wußte, daß sich ehrliche Not nicht in Lumpen, sondern in sorgfältig geflickter Kleidung äußert. "In den Vereinigten Staaten jedoch zeigte jede kleinste Einzelheit, daß die Bewohner ihre Lebensqualität gar nicht erhöhen wollen. Denn einen Hauseingang zu reparieren oder statt einer zerschlagenen Fensterscheibe wenigstens eine Holzplatte einzusetzen erfordert nur wenig Geld, und den Schmutz zu beseitigen kostet gar nichts. Nein, ich spürte in allem eine bewußte Herausforderung. Je schlechter, desto besser, denn die Gesellschaft ist an allem schuld, und sie muß sich um alles kümmern. Man mag mich für grausam, sogar unmenschlich halten, aber ich vermochte weder diesen Menschen noch dieser Gesellschaft gegenüber Mitleid oder auch nur Mitgefühl zu empfinden" (8:196f).

Als Konservativer hat Bukowski spontan erkannt, daß es eine "soziale Frage" schon längst nicht mehr gibt, die wurde vom Kapitalismus endgültig gelöst, sondern ausschließlich eine charakterologische Frage (oder, wie sich der Konservative ausdrücken würde, eine "Frage des Charakters"). So groß der Gegensatz in Beziehung zu Sexualität und Religion, insbesondere im Bereich der Kindererziehung,(6) auch immer sein mag, in dieser Hinsicht harmonieren der Konservatismus und die Orgonomie vollständig. Zum Beispiel meinte Reich in den 1950er Jahren, daß Marx' Ansatz mittlerweile vollständig irrelevant geworden sei, da die Arbeiter in Amerika genug verdienen würden, um die Fabriken selbst zu übernehmen, wenn sie denn bereit wären, die Verantwortung zu tragen: nicht die Kapitalisten, sondern ihre eigene charakterstrukturelle Verantwortungsscheu würde sie davon abhalten (22).

Reich führt aus, daß man nie damit aufhören dürfe, die Rolle des "Kleinen Mannes" hervorzuheben. Er müsse Eigenverantwortung für sein persönliches und soziales Leben entwickeln. Damit liefe er in der kapitalistischen Gesellschaft durchaus nicht Gefahr, seine Existenzgrundlage zu gefährden, denn es läge ganz im Interesse der Großindustrie, diese Eigenverantwortung zu fördern und die Mitarbeit der Arbeiter zu gewinnen. "Die Produktion kann nur steigen und die gegenwärtigen Schwierigkeiten werden in dem Maße abnehmen, in dem die Arbeiter in der Industrie und Landwirtschaft lernen, ihren Teil der Verantwortung für Produktion und Distribution zu übernehmen. Sie werden dann aus Erfahrung lernen, daß es leichter ist, die Firmenleitung zu kritisieren, als beim Schultern der großen Verantwortung zu helfen. Dies sind wichtige Faktoren in der andauernden gesellschaftlichen Revolution und kein Manager, der selbst arbeitet, wird dagegen sein. Ganz im Gegenteil weiß er, daß er weniger Verantwortung tragen muß, wenn die Arbeiter ihren Teil übernehmen. Die paar Menschen, die habgierig und machtbesessen sind, werden bald schweigen, ohne daß es notwendig wird, irgendetwas Einschneidendes gegen sie zu unternehmen" (67:70).

Wer nun auf den modernen "Turbo-Kapitalismus" bzw. "Kasino-Kapitalismus" verweist, der für den allgemeinen Zerfall mitverantwortlich sei, sollte daran denken, daß die Loslösung der Finanzströme von den realen Produktionsprozessen nicht nur formal an die Abtrennung der Fassade vom Kern erinnert, sondern direkt darauf zurückgeht. Die freie Marktwirtschaft der Rechtsliberalen wird durch staatlich erzeugtes "sozialistisches" Geld ausgehöhlt, mit dem die staatskapitalistischen Länder ihre Kriege (gegen äußere Feinde und gegen Armut, Arbeitslosigkeit, etc.) finanzieren konnten (4:99-106). Auf diesen Komplex gehen wir näher in Ökonomie und Sexualökonomie ein.(7)

Alle ökonomischen Probleme gründen in der Hilflosigkeit der Massen und werden verschlimmert durch die kontaktlosen "Problemlösungen" der Linksliberalen - die dann die von ihnen hervorgerufene Katastrophe als Argument benutzen, um weitere linke Programme ins Leben zu rufen.(8) Die Linksliberalen werden nie begreifen, daß "die soziale Existenz des Lebewesen Mensch (...) bioenergetisch betrachtet an sich nur ein kleiner Gipfel auf dem gigantischen Berg seines biologischen Daseins (ist)" (62:24). "Es gibt in dieser unserer sozialen Welt nichts, und es kann gar nichts geben, das nicht grundsätzlich vom Charakter und dem Verhalten der Menschen bestimmt wird. Von dieser Regel gibt es keine Ausnahme, ganz egal, was wir betrachten" (63:126). Und deshalb werden die Linksliberalen niemals die Probleme begreifen und meistern können, die mit dem Kapitalismus verbunden sind.

Zum Beispiel führt Reich aus: "Der amerikanische Kapitalismus entstand in einer Gesellschaft aus kleinen Handwerkern und Ladeninhabern und ist nicht aus der Arbeitsteilung hervorgegangen. Der Massencharakter des Händlers hat ihn hervorgebracht und aufgrund der Geschäftigkeit und Blauäugigkeit der Arbeiter wurde er toleriert und ihm erlaubt zu wachsen - bis Morgan erschien. Auf diese Weise entwickelte sich der Kapitalismus aus einer Charakterstruktur heraus. Ich mußte erst meinen Weg durch all die Fehler der Freudianischen Psychologismen bahnen und die Lücke bei Marx entdecken, bevor ich die menschliche Charakterstruktur als Ursprung einer ökonomischen Entwicklung erkennen konnte. Charakter ist strukturelle Geschichte, aktive Reproduktion von Geschichte. In den USA reproduziert der Kleine Mann den Kapitalismus" (71:324f).

"Man komme mir", schreibt Reich, "nicht mit der 'sozialen Not', denn diese soziale Not ist selbst letzten Endes Ergebnis einer Welt erstarrter Menschentiere, die überreichlich Mittel für Kriege, aber niemals genügend Mittel, minimale Bruchteile der Kriegskosten eines Tages für die Sicherung des Lebendigen aufbringen. Und dies ist so, weil diese verunglückten, versteiften Menschentiere kein Verständnis für das Lebendige und nur Angst davor haben. Überdies reicht keine andere Art sozialer Misere an die Misere der Kleinkinder biopathischer Eltern heran" (60:393). "Nicht die 'materielle Not' im Sinne der Marxschen Ökonomie macht die Neurosen, sondern die Neurosen dieser Menschen ruinieren ihre Fähigkeit, in dieser Not etwas Vernünftiges anzufangen, sich besser durchzusetzen, die Konkurrenz am Arbeitsmarkt auszuhalten, sich mit anderen ähnlicher sozialer Lage zu verständigen, den Kopf fürs Denken überhaupt frei zu haben" (57:65).

 

 

9. Zweierlei Liberalismen

Der Rechtsliberalismus, d.h. der klassische europäische "Wirtschafts-Liberalismus", stand seit dem 18. Jahrhundert stets in einer symbiotischen Beziehung mit dem Konservatismus, der für den institutionellen und "moralischen" Rahmen der freien, "liberalen" Marktwirtschaft sorgte und die oben erörterte Loslösung von ihren eigenen arbeitsdemokratischen und bioenergetischen Grundlagen, wenn nicht verhinderte, so doch in Grenzen hielt. Es geht um die Erhaltung jener konservativen "Sekundärtugenden", die, frei nach F.A. von Hayek, die spontanen Ordnungen erst möglich machen: Höflichkeit, Respekt, Pünktlichkeit, Verläßlichkeit, Verantwortung, Vertragstreue, Respekt vor fremdem Eigentum, Fleiß, etc. Hayek sagt ganz richtig, daß das Beachten moralischer Konventionen und Traditionen die Notwendigkeit staatlichen Zwanges reduziert (84:86).

Der Rechtsliberale und der Konservative wollen angesichts der Komplexität der Probleme den Staat auf seine eigentliche Funktion beschränken, nämlich die Erhaltung der inneren und äußeren Sicherheit, alles sonstige soll dem Einzelnen, den Familien, historisch gewachsenen und legitimierten Gruppen, lokalen Behörden und dem freien Markt überlassen bleiben, also den besagten "spontanen Ordnungen". (Wobei wir es, wie oben ausgeführt, beim freien Markt nur bedingt mit einer "spontanen Ordnung" zu tun haben, da er die restlichen spontanen Ordnungen, etwa die Familie, unterhöhlen kann.)

Das rechtsliberal/konservative Denken, findet man beim englischen "Urkonservativen" Edmund Burke (1729-1797) klassisch ausformuliert, insbesondere in seinen Betrachtungen über die französische Revolution (vgl. 21). Der konservative Theoretiker Russell Kirk schreibt über ihn: "Burke, statt ein altmodischer Apologet sterbender abergläubischer Vorstellungen zu sein, stieß durch die Maske des Zeitalters der Aufklärung und drang zur dunklen Vielschichtigkeit der menschlichen Existenz vor, so daß er ein lebendiger Einfluß auf das Denken blieb, während die meisten seiner radikalen Gegner nicht mehr als Namen in einer Geschichte der intellektuellen Tendenzen sind" (29:39). Mit anderen Worten: Burke durchdrang die Fassade und stieß auf das Gewebe des Charakterpanzers, was diesen angeblichen "Gegenaufklärer" noch heute so interessant macht, während seine "aufklärerischen" Opponenten uns nichts mehr zu sagen haben.(9) Burkes Werk ist frischer und aktueller denn je. Liest man heute seine Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution, wirkt sie mittlerweile nicht nur wie ein aktueller Rückblick auf die Russische Revolution und ihre Folgen, sondern auch auf die verheerende Bilanz der Sozialdemokraten/Sozialisten in Europa und der Linksliberalen in Amerika (siehe Roland Baaders Bücher Kreide für den Wolf [2] und Fauler Zauber [3]).

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums geht es dem "Bürgerrechts-Liberalismus" im amerikanischen Sinne um die Emanzipation von spontanen Ordnungen (etwa Familie, Geschlechtsrollen, Hierarchien, etc.pp.), bei gleichzeitiger kompletter Abhängigmachung von konstruierten Ordnungen: dem Staat und ideologischen Interessenverbänden. Kurz gesagt wollen diese "Liberalen" die Gesellschaft nach dem Muster ihrer eigenen "verkopften" Panzerungsstruktur reorganisieren. Zum Beispiel durch immer neue Sozialversicherungen und "Schutzbestimmungen", die ganz nach dem Grundgesetz der Emotionellen Pest aufgebaut sind: das vorgeschobene Motiv ("soziale Sicherheit und Gerechtigkeit"), deckt sich nicht mit dem wirklichen Motiv (Kontrolle, Macht und Zerstörung).

Die zentralistische "fortschrittliche" Politik des Linksliberalen richtet sich nicht nach überkommenen und erprobten Grundsätzen, sondern nach "wohldurchdachten" quantifizierbaren Zielen. Er tritt für abstrakte Gleichheit, soziale Sicherheit und massive Eingriffe des Staates ins gesellschaftliche Leben ein, für die "Emanzipation" von traditionellen Bindungen und die artifizielle Herstellung von "Freiheit" und "Chancengleichheit", sowie die Einlösung aller möglichen und unmöglichen Ansprüche, bzw. sogenannter "Rechte" für Minderheiten im Namen angeblicher "Primärtugenden". Dabei wird sowohl auf die rationale natürliche Arbeitsdemokratie als auch auf die irrationale Charakterstruktur des Durchschnittsbürgers keinerlei Rücksicht genommen. Oder wie Burke sich ausdrückt: "Diese Leute sind so voll von ihren Theorien über die Rechte des Menschen, daß sie seine Natur gänzlich vergessen haben" (11:115).

Im wohlverstandenen Sinne ist diese Mißachtung des Althergebrachten die ultimative "ökologische", will sagen bioenergetische Katastrophe. Wie einst im Kommunismus werden auch im Westen jene Wurzeln gekappt, die unsere Gesellschaft am Leben halten. Man denke nur an die Zerstörung der menschlichen Solidarität durch den asozialen "Sozialstaat". Warum, z.B., sollen Eltern ihren Kindern ein Familienleben bieten (oder überhaupt Kinder in die Welt setzen), da ja nicht die Kinder, sondern der Staat für sie sorgen wird, wenn sie hilfsbedürftig sind! Dies ist ein Aspekt der Zerstörung der traditionellen Weisheit, die für die seelische, intellektuelle und körperliche Verwahrlosung unserer Kinder verantwortlich ist.

Durch seine Sozialprogramme hat der Linksliberale die Familien zerstört und "alternative Lebensentwürfe" prämiert. Früher zwang die Gesellschaft mit ihren kirchlichen und privaten karitativen Einrichtungen die Außenseiter sich der Gesellschaft anzupassen und "Sekundärtugenden" anzunehmen, heute paßt sich die Gesellschaft an die Außenseiter an. Resultat: zerstörte Kinder, eine verblödende Jugend und wachsende Kriminalitätsraten. Als Resultat des grandiosen Plans, eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" herzustellen, ist der "neue Mensch" narzißtisch, realitätsschwach und bindungsunfähig. Die Familien sind zu "Wohlfahrtsstaaten" im Kleinen geworden, in dem die Kinder ihre Eltern genauso hemmungslos ausplündern, wie diese "Vater Staat". Die Verantwortungslosigkeit hat sogar den Staat selbst infiziert, wo man ein europäisches Wunder erhofft, "das uns von nationalen Anstrengungen befreit" (26:367).

Typischerweise sprechen Konservative und teilweise auch Rechtsliberale von "Sittlichkeit", die der Sitte, der Tradition folgt, während der Linksliberale stets von Moral, die der "Vernunft" folgt, redet. Während der Rechtsliberale realistisch für "check and balances", d.h. für die Abwehr sekundärer Triebe eintritt, ist der idealistische Linksliberale für verantwortungslose "Freiheit" (libertas). Für den Rechtsliberalen ist Verantwortung (= Entscheidungen treffen) letztendlich dasselbe wie Freiheit (= Entscheidungen treffen), während für den Linksliberalen "Freiheit" stets die "Freiheit von Verantwortung" ist. "Bürgerrechte" schweben frei im Raum, losgelöst von jeder Verantwortung. Freiheit wird zur Freiheit vom Zwang, Entscheidungen treffen zu müssen. Beim Linksliberalen wird aus Selbstverantwortung "Selbstverwirklichung", also Parasitismus. Krebs!

Angesichts dieser Bedrohung des Menschseins infolge der "Emanzipation" mahnt Hayek zur Zurückhaltung bei der Veränderung der traditionellen Moral. Denn so wenig wir unser Moralsystem geplant haben, liegt es in unserer Kompetenz, "es als Ganzes zu verändern. Wir verstehen nicht wirklich, wie es die Ordnungen der Handlungen aufrechterhält, von der die Koordination der Tätigkeiten von Millionen Menschen abhängt. Und da wir unsere Gesellschaftsordnung einer Tradition von Regeln verdanken, die wir nur unvollkommen verstehen, muß jeder Fortschritt auf Tradition beruhen. Wir müssen auf die Tradition bauen und können an ihren Ergebnissen nur herumbessern" (z.n. 84:87).

Da sich Konservative auf Traditionen beziehen, ist ihr Denken immer an Institutionen orientiert, die dem Gemeinwesen als ganzem dienen. Die Linke ist im Namen "großer Ideen", die auf von allen arbeitsdemokratischen Bezügen losgelösten Individuen wie etwa Marx zurückgehen, darauf aus, diese Institutionen zu zerstören. Es wird immer mehr und mehr "Liberalität" eingefordert und gleichzeitig sollen weitere Sozialprogramme, Kinderkrippen, die die Familien ersetzen, "kritisches Bewußtsein" und mehr Einwanderung die Gesellschaft und ihre gewachsenen spontanen Ordnungen schwächen und den Staat stärken!

 

 

10. Kontaktlosigkeit

Von Anfang an mußte sich Reich mit den mechanistischen Grundannahmen des Marxismus herumschlagen: wenn der "materielle Unterbau" den "ideellen Überbau" bestimmt, wie konnte sich dann jene Schere zwischen "revolutionärem" Sein und "reaktionärem" Bewußtsein auftun, die dem Faschismus zur Macht verhalf? In seiner Massenpsychologie des Faschismus von 1933 führte er zwar die ideologische Wirkung der Sexualunterdrückung ins Feld, was, wie angedeutet, ihn bereits damals aus Marxistischer Sicht endgültig diskreditiert hatte, doch noch immer geblendet vom "materialistischen" Ungeist der Linken pries er gleichzeitig den Fortschritt der "Produktivkräfte" und den damit einhergehenden Fortschritt im Bewußtsein. Zum Beispiel begrüßte er die Kollektivierung der Landwirtschaft in der Sowjetunion (58:64) und entsprechend im Westen die "Schaffung von ungeheuren Großbetrieben und mit ihnen von Millionenarmeen an Angestellten und Beamten" (58:177).

Zehn Jahre später hatte sich, trotz der aus sexualökonomischer Sicht positiven Nebenwirkungen der Industrialisierung, für Reich im Verlauf der "sexualökonomischen Lebensforschung" herausgestellt, daß die "Entwicklung der Produktivkräfte" nicht nur auf eine lichte sozialistische Zukunft verweist - eher im Gegenteil, da "die mechanistische Lebensauffassung, von Generation zu Generation fortwirkend, sich tief im biologischen System der Menschen verankert. Sie hat dabei das Funktionieren des Menschen tatsächlich maschinell verändert" (58:302). Der Kommunist, Sozialist und Linksliberale verkörpert diesen Maschinenmenschen geradezu archetypisch, wie nicht zuletzt aus der Opposition gegen Reich ersichtlich ist. Man lese ihre "materialistischen" Argumente!

Innerhalb unserer "mechano-mystischen" Zivilisation ist der funktionelle Gegenpart zum linksliberalen Mechanisten der Konservative mit seinem Hang zum Mystizismus, mit dem sich Reich in der ersten Hälfte der Massenpsychologie des Faschismus eingehend auseinandersetzt. Reich hat diesen Gegensatz zwischen dem "Mechanismus", wie er vom linksliberalen Charakter vertreten wird, und dem "Mystizismus" des konservativen Charakters in seinem Buch Äther, Gott und Teufel (64) analysiert. Diese gegensätzlichen charakterologischen Grundeinstellungen sind bioenergetisch identisch mit ängstlicher Kontraktion (rechter Mystizismus, Demut) und reaktiver zorniger Expansion (linker Mechanismus, Hybris) (47:169). Das geht mit einem verzerrten Kontakt zum bioenergetischen Kern beim Konservativen und dem Verlust jedes Kontakts zum Kern beim Linksliberalen einher (vgl. 58:12).

Symptomatisch dafür ist das gestörte Verhältnis des linksliberalen Maschinenmenschen zur Natur im allgemeinen und zur menschlichen "Natur" im besonderen. Zum Beispiel beschreibt Trotzki ganz offen, daß es in seiner Kindheit und Jugend nur Platz für Bücher und Denken gab, aber kein Gefühl für die Natur (83:66). Auch während der Zeit seiner ersten Verbannung blieb er kühl gegen die herrliche Natur Sibiriens. "Mir tat es gewissermaßen leid, Aufmerksamkeit und Zeit an sie zu verschwenden. Ich lebte zwischen Wald und Fluß, fast ohne sie zu beachten. Bücher und persönliche Beziehungen füllten mein Leben aus. Ich studierte Marx, dabei die Schaben von den Buchseiten jagend" (83:123). Diese Haltung zur Natur verbiesterter Schriftgelehrter äußerte sich dann später ganz praktisch im wahnwitzigen Machbarkeitswahn und der unglaublichen Naturzerstörung der Bolschewisten zwischen 1917 und 1991.

Was die "innere Natur" betrifft hat die "kritische Marxistin" Ira H. Cohen die Unvereinbarkeit von Reich auf der einen und Marx (und Freud) auf der anderen Seite auf den Punkt gebracht. Die Frage sei nicht, ob es einen Konflikt zwischen der "menschlichen Natur", also dem was Reich als "Kern" bezeichnet hat, und der "sozialen Konditionierung", also dem was Reich "Panzerung" nannte, gäbe. Stattdessen folgt Cohen Freud, demzufolge die "Modifikation der Primärprozesse" eine soziale Notwendigkeit wäre, und Marx, für den die menschliche Natur eine bloße Verkörperung der Geschichte und Struktur der sozialen Beziehungen gewesen sei. Die grundlegend soziale Natur dieser Konditionierung werde durch Reichs rein biologische Libidotheorie verschleiert. Selbstregulierung werde von Reich nicht als ein menschliches Potential begriffen, das von der sozialen Entwicklung abhängt, sondern als ein ahistorisches "Naturgesetz des Lustprinzips", "ein Merkmal, das den naturgemäß und automatisch nach Entladung strebenden Instinkten selbst innewohnt" (14:180f). Für den linksliberalen "Freudo-Marxistischen" Geist ist die Reichsche Orgasmustheorie untragbar "biologistisch" und quasi "mystisch". Stattdessen betrachtet der Linksliberale die Natur als bloße Verfügungsmasse, die beliebig manipulierbar ist und "sozialisiert" werden kann.

Während die Natur in ihrer Autonomie den Linksliberalen vollständig verschlossen bleibt, ist sie den Konservativen immerhin, wenn auch stark verzerrt, zugänglich, als "Religion", als "Offenbarung" aus einer "höheren Welt". Das spiegelt sich in gegensätzlichen ideologischen Haltungen wider. Zum Beispiel findet man auf der konservativen Seite typischerweise (und nur um das Charakteristische kann es hier gehen!) eine moralistische aber immerhin ernsthafte Einstellung zur Sexualität, auf der linksliberalen hingegen eine kindisch-pornographische: "Es hat nichts zu bedeuten!" Über die Kommunisten hat Reich geschrieben, "daß diese zerebralen Mechanisten die wahre körperliche Liebe hassen wie die Pest, während sie gleichzeitig mit Pornographie nur so um sich werfen" (63:379).

Den Konservativen ist die Abtreibungsfrage sehr wichtig (hier vermischt sich ihr Kernkontakt mit ihrer Sexualfeindlichkeit), während die Linksliberalen in derartigen existentiellen Fragen kontaktlos über Leichen dahintänzeln, was man z.B. an dem Euphemismus "Schwangerschaftsunterbrechung" (sic!) ablesen kann. Der Konservative zeigt bei Todesfällen echte Trauer und Bestürzung, wenn es ihn wirklich betrifft. Für ihn ist die "kaltherzige" Frage typisch, ob bei Katastrophen in weit entfernten Ländern auch Deutsche betroffen waren. Beim Linksliberalen verschwimmen solche Unterschiede und er reagiert auf alles mit der gleichen oberflächlich-sentimentalen "Betroffenheit", auch wenn er gar nicht betroffen ist. Nichts berührt ihn wirklich im Inneren. Er ist buchstäblich nur an der Oberfläche "betroffen".

Allgemein gesagt zeigt sich das Fehlen jedes Kontakts zum eigenen bioenergetischen Kern an der vollkommenen Empfindungslosigkeit gegenüber genau jenen gesellschaftlichen Problemen, die den Konservativen zutiefst aufwühlen. Der Student der Orgonomie und (zumindest teilweise) der Konservative spürt, daß Dinge wie Pornographie und Cannabis und die damit zusammenhängende Kultur ihn von seinem Kern abtrennen und deshalb bekämpft er sie - auch wenn die gerade modischen "rationalen wissenschaftlichen" Argumente gegen diese seine Meinung überwiegen sollten. Der Linksliberale empfindet keinerlei Unbehagen und hirngesteuert wie er ist, schiebt er immer neue Argumente vor, die die Unschädlichkeit (oder gar Nützlichkeit!) dieser gesellschaftlichen Phänomene aufzeigen sollen. Seine Struktur macht es ihm unmöglich irgendeine Gefahr zu sehen, ganz im Gegenteil sieht er vielleicht sogar ein "emanzipatorisches Potential". Charakteristisch für ihn ist der Spruch, daß, im Gegensatz zum Alkohol, noch niemand an Hasch und Marihuana gestorben sei. Dies zeigt, daß die Seele für ihn nichts bedeutet. Er mag von "Spiritualität" und ähnlichem reden, wie er will, charakterologisch bleibt er ein Materialist und Mechanist, für den die Seele inexistent ist: er spürt sie weder in sich noch in anderen.

 

 

11. Okulare Panzerung

Baker zufolge hat Reich "die Vermutung geäußert, das Gehirn sei vielleicht so groß und so komplex geworden, daß es hauptsächlich als Schmarotzer fungiert und aus dem Körper, insbesondere aus dem Becken, Energie aufsaugt. Das mag", so Baker, "erklären, warum Intellektuelle häufig ein Problem der Augenblockierung haben und warum der sogenannte 'Eierkopf' den 'intellektuellen Blick' zeigt" (5:267). Seine spezifische "intellektuelle" Augenpanzerung macht den Linksliberalen zum sozialen Agenten des mechanistischen Menschenbildes, wie es Reich in Äther, Gott und Teufel beschrieben hat:

"Der Mechanismus begreift das Prinzip der Organisation nicht. (...) Für ihn gibt es eine Rangordnung der Organe im Organismus. Das Gehirn als das 'höchste' Entwicklungsprodukt ist zusammen mit dem Nervenapparat des Rückenmarks der 'Direktor' des ganzen Organismus. Der Mechanismus nimmt ein Zentrum an, von dem alle Impulse ausgehen, die die Organe bewegen. Jeder Muskel hat, durch den betreffenden Nerv vermittelt, sein eigenes Zentrum im Gehirn oder im Zwischenhirn. Woher das Gehirn selbst seine Aufträge bekommt, bleibt ein Rätsel. Die Organe sind die braven Untertanen des Gehirns. Die Nerven sind die Telegraphendrähte. Die Koordination der Bewegung des Organismus bleibt derart schleierhaft und mysteriös" (64:123).

Die "emanzipatorische" Seite des mechanistischen Weltbildes, d.h. der Liberalismus, führt zu einer Verschärfung dieser mechanistisch-autoritären Seite, denn die Minderung der Panzerung im Körper, die mit der sozialen Liberalisierung einhergeht, wird durch eine dramatische Verstärkung der okularen Panzerung der Massen wettgemacht. Aktuell ist die AIDS-Hysterie, in der sich "emanzipatorischer" (gegen die Genitalität gerichteter) Aktivismus mit einem extrem mechanistischen Bild vom Menschen verbindet. Man nehme eine beliebige Darstellung des Immunsystems und man wird vergebens nach bioenergetischen Begriffen wie "Erregung" suchen, stattdessen wird alles in militärischen und maschinellen Begriffen erklärt, die denkbar ungeeignet sind, das zu erklären, worum es geht. Die Menschen empfinden sich als Maschinen, die nach Befehl und Gehorsam funktionieren, und entsprechend organisieren sie ihre Gesellschaft - und je mehr sie dem Motto "Mehr Demokratie wagen!" folgen, desto schlimmer wird es.

Der Konservative Burke hat das Grundproblem der vom arbeitsdemokratischen Prozeß abgetrennten durch und durch mechanistischen linken "Eierköpfe" klar erfaßt. Sie sind vom natürlichen Lebensgefühl vollkommen losgelöst und, da klares Denken auf ungestörten Emotionen beruht, gewisserweise unzurechnungsfähig: "Ein Unkundiger, der nicht so dumm wäre, an seiner Uhr herumzubasteln, besitzt jedoch die Zuversicht, daß er nach belieben einen Mechanismus der Sitten, der von ganz anderer Gestalt, Bedeutung und Komplexität ist und der sich aus ganz anderen Rädern, Sprungfedern, Unruhen und Gegengewichten, Kräften die gegen- und zusammenwirken, zusammensetzt, gefahrlos auseinandernehmen und wieder zusammenfügen kann.... Ihre trügerisch guten Absichten sind für ihre Anmaßung keine Entschuldigung" (z.n. 29:45).

Seine (Kern-) Kontaktlosigkeit, seine vollkommene Abgetrenntheit von der Natur, vermittelt dem linken Mundwerker die Illusion, daß er das Leben nach den Regeln der Vernunft "handhaben", die Gesellschaft nach vorgefaßten Plänen gestalten könne. Nicht von ungefähr war "Zentralisation" der Leitbegriff des Kommunistisches Manifests. Aus dem Wahn heraus der Geist, also ein Geist, könne alles überblicken, mußte sich logisch der Personenkult um das zentrale "Superhirn" entwickeln (Marx, Lenin, Stalin, Mao, Castro, Abimael Guzman, etc.). Bereits in der Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie von 1844 sagt Marx in seinem typischen verquasten Stil, "der Kopf" der "menschlichen Emanzipation" sei "die Philosophie, ihr Herz das Proletariat". "Wie die Philosophie im Proletariat ihre materiellen, so findet das Proletariat in der Philosophie seine geistigen Waffen (...) Die Philosophie kann sich nicht verwirklichen ohne die Aufhebung des Proletariats, das Proletariat kann sich nicht aufheben ohne die Verwirklichung der Philosophie" (z.n. 26:93). Der "Masse" fehle völlig, so Marx im Kommunistischen Manifest, die theoretische Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate ihrer Befreiung.

Von Karl Kautsky bis Lenin vertraten alle Marxisten die Meinung, daß das sozialistische Bewußtsein von außen in das Proletariat hineingetragen werden müsse, das spontan und von sich aus nichts Vernünftiges zustande bringen würde. Der Mundwerker Jean-Paul Sartre schrieb, daß die Arbeiter zur Klasse werden, "wenn sie allen Anordnungen der Führer gehorchen"! (z.n. 31:29). Anfang der 70er Jahre trafen Bremer Hafenarbeiter in ihrer vermeintlichen Ignoranz, ihrem "Fachbewußtsein", den Nagel auf den Kopf, als sie rebellierenden Oberschülern, die auf Spruchbändern im Sinne einer Räterepublik "Arbeiterkontrollen" forderten, entgegenhielten: "Wa!? Ji wüllt uns kontroleeren!" (73:45).(10)

Verlohnend ist auch ein Blick darauf, wie sich die westliche Politologie mit der Entwicklung im Ostblock auseinandersetzte. Statt wie Reich die Frage zu stellen "Was geht in den Massen vor?" (siehe Reichs Massenpsychologie des Faschismus [58] und Menschen im Staat [69]) waren die linksliberalen "Ostexperten" auf die kommunistische Machtelite fixiert und ignorierten vollkommen, was in der Gesellschaft des Ostblocks, "in den Massen", passierte.

Wie jede Panzerung macht auch die spezifische okulare Panzerung des Linksliberalen unempfindlich für das Konkrete, Drängende und Unmittelbare und verlagert das Interesse stattdessen auf das "Visionäre", Abseitige und weit Entfernte. Beim Linksliberalen drückt sich das spezifisch so aus, daß, je entlegener ein Ereignis ist, er desto mehr "Betroffenheit" empfindet. Zum Beispiel empört er sich über die "Überfremdung" Tibets durch die Chinesen, während ihm die schleichende Überfremdung seines eigenen Landes vollkommen schnurz ist - wenn er sie nicht sogar aktiv fördert (etwa durch "Frauenbadetage" und andere Regelungen der Scharia, die uns von einer intoleranten, haßerfüllten Minderheit, die "Gott" auf ihrer Seite weiß, aufgezwungen werden). Er wettert gegen Menschenrechtsverletzungen in weit entfernten Erdteilen, kümmerte sich früher aber nicht um die Unterdrückung in der "DDR" und verschließt heute die Augen vor dem Islamismus im eigenen Land. Und wehe, wenn er "seine Betroffenheit konkret einbringen will" - in Probleme und Länder, von denen er keine Ahnung hat! Er verhält sich wie ein Schizophrener, der überall, wo er sich einmischt, nur Verwirrung, Chaos und Zerstörung hinterläßt.

Die Linke ist buchstäblich unzurechnungsfähig! Man setze sich nur mal dem "Kopfleuchten" von Figuren wie Adorno, Lacan, Deleuze, Satre, Althusser, Foucault, Bloch, Dutschke, etc.pp. aus. Ich verweise auch auf Jean-Francois Revels ausgezeichnetes Buch Die Herrschaft der Lüge, das die Geisteskrankheit der westlichen Intelligenz akribisch dokumentiert. Revel bringt Dutzende von Beispielen dafür vor, "daß paradoxerweise Leute, für die das intellektuelle Leben den Beruf darstellt, in ihren Urteilen und Verhaltensmustern von allen möglichen Kräften bewegt werden, nur nicht von der Intelligenz" (72:195). Dazu sei auf Reichs oben erwähnte Analyse der "intellektuellen Abwehr" verwiesen.

 

 

12. Das soziopolitische Spektrum

Die biophysikalische Grundlage soziopolitischer Orientierungen hat Reich erschlossen, als er Mitte der 1940er Jahre in "Die Ausdruckssprache des Lebendigen" (66) und "Das lebendige Orgonom" (70) neben dem "orgonotischen System", das im Bauch zentriert ist (57:221), das "energetische Orgonom" entdeckte (39). Der Unterschied zwischen diesen beiden Energiesystemen wird in Die Massenpsychologie des Buddhismus erläutert. Das erstere ist mit den Emotionen verbunden (Expansion = Lust, Kontraktion = Angst), das letztere mit den Sensationen.

Man verfolge etwa die Entwicklung der modernen sogenannten "Kunst", die immer weniger die Emotionen anspricht, sondern "Stimmungen" vermitteln und "Denkprozesse" anregen will; oder betrachte die neuen religiösen Bewegungen und den Buddhismus-Boom und vergleiche das mit dem traditionellen Kirchenglauben. Am ehesten kann man sich den Unterschied zwischen diesen beiden Energiesystemen aber vielleicht anhand von Alkohol und Cannabis vergegenwärtigen: während Alkohol den Solar plexus aktiviert ("inneres Glühen"), ist es bei Cannabis das Zentrale Nervensystem (man wird buchstäblich "high"). Dazu paßt auch, daß angehende Alkoholiker meist einsichtig reagieren, wenn man sie auf ihr Problem hinweist (obwohl die Sucht sie schon längst in ihren Krallen hat und sie umbringen wird), während Cannabis-Konsumenten typischerweise ihr Laster rationalisieren und den Kritiker mit einer Flut von Gegenargumenten überhäufen - teilweise fangen sie sogar an zu "missionieren". Und obwohl bei ihnen von einer körperlichen Abhängigkeit keine Rede sein kann, reagieren sie auch weitaus aggressiver.

Beim idealen Genitalen Charakter sind die beiden Energiesysteme ausgeglichen ("Bauch" und "Hirn" leben in Harmonie), doch mit der Panzerung gehen entsprechend einseitige Lebenshaltungen einher. Die einen (d.h. die Rechten) leben vornehmlich in einer emotionalen Welt und buchstäblich "aus dem Bauch heraus". Die dort angesiedelten autonomen Nervenzellgewebe bilden das bioenergetische Zentrum des pulsierenden Organismus. Die vom Zentrum ausgehende pulsatile Erregung muß durch die Muskulatur hindurch, weshalb Konservative eher "muskulär gepanzert" sind. Die Linken sind eher "zerebral" organisiert und "intellektuell gepanzert". Hier fließt die Erregung vornehmlich longitudinal über die sensorischen Nervenstränge zum Gehirn. Diese Unterschiede haben nichts mit unterschiedlicher Intelligenz zu tun, sondern ausschließlich mit einem grundsätzlich unterschiedlichen Gefühlsleben und einer unterschiedlichen Wahrnehmung der Welt. Das ist die biophysikalische Grundlage der Ideologien, d.h. je "rechter" jemand ist, desto "gefühlsseliger", mystischer und irrationaler ist er; je "linker", desto verkopfter und (vermeintlich) "rationaler", etwa im Sinne der (vermeintlich) "wissenschaftlichen Weltanschauung" des Marxismus (39).

Der konstitutionelle Konservatismus und Wirtschaftsliberalismus eines Burke und beispielsweise das Denken eines Ludwig von Mises oder F.A. von Hayek markiert das Maximum an politischer Rationalität - was strenggenommen natürlich ein Widerspruch in sich selbst ist, aber wir bewegen uns schließlich immer noch innerhalb der mechano-mystischen Zivilisation. Zusammenfassend kann man von einer "freiheitlich-konservativen" Position sprechen, d.h. der Verbindung von konservativen ("Verantwortung") und liberalen ("Freiheit") Elementen - also den Restbeständen an Rationalität in einer gepanzerten Welt. (Auf individueller Ebene mag es auch hier zwischen der konservativen und der liberalen Charakterstruktur gewichtige Unterschiede geben, aber im praktischen Leben verschwimmen sie zur Bedeutungslosigkeit.)

Zur Rechten hin gehen diese "Liberalkonservativen" in die "Nationalliberalen" und "konstitutionellen Konservativen" über. Daran schließen sich die extremen Konservativen an, d.h. die "Nationalkonservativen" und schließlich die Reaktionäre, aus denen, wenn sie sozialistisches Gedankengut aufnehmen, Schwarze Faschisten werden. Dieser weltanschaulichen Aufteilung entspricht biophysikalisch die Aufteilung in: 1. Konservative (verhältnismäßig rational, mäßig gepanzert); 2. extrem Konservative (hochneurotisch, gepanzert); 3. Schwarze Faschisten (pestilent, extrem gepanzert).

Auf der linken Seite, also bei den Menschen, die vor allem vom energetischen Orgonom geprägt sind, haben wir entsprechend: 1 Liberale; 2. extrem Liberale; 3. Rote Faschisten. Gemäß dem Lauf der Zeit, in denen das bauchzentrierte Energiesystem zunehmend vom hirnzentrierten Energiesystem verdrängt wird, wird unser gesellschaftliches Leben praktisch ausschließlich von dieser "linken" Charakterdynamik geprägt. In weltanschaulichen Begriffen haben wir es in der Reihenfolge ihrer Pathologie mit "Bürgerrechtsliberalen" und "Sozialliberalen", Sozialdemokraten und Sozialisten, Bakers modern liberals (5) und Kommunisten zu tun. (Die weltanschauliche Einteilung deckt sich natürlich nicht in jedem Einzelfall mit der biophysikalischen, so kann etwa ein Mensch mit einer konservativen Struktur eine kommunistische Ideologie vertreten oder ein Linksliberaler will partout "orgonomisch korrekt" sein und vertritt eine konservative Ideologie. Der wahre Charakter zeigt sich nicht im Gerede, sondern in konkreten Handlungen, insbesondere wenn der Betreffende Entscheidungen auf gesellschaftlicher Ebene fällen muß [23].)

Während bei den Linksliberalen sich alles um "Bürgerrechte" dreht, egal wie dabei der soziale Organismus in seine Einzelteile zerfällt (groteskerweise haben im Ostblock linksliberale Bürgerrechtler sogar zum Zerfall des "konservativen" Kommunismus beigetragen! [34:82]), geht es den Sozialdemokraten/Sozialisten zentral um soziale Gerechtigkeit, bzw. "Verteilungsgerechtigkeit": wir sollen uns zu einer einzigen großen Familie zusammenschließen (entsprechend dem schwedischen "Volksheim"). Für den Linken ist "Gerechtigkeit" etwas, das groteskerweise mit Gleichheit identisch und deshalb nach objektiven Kriterien zu bewerten ist - in logischer Konsequenz muß das zum Kommunismus führen, in dem alle das gleiche besitzen. Oder anders gesagt: dem Linken geht es weniger um "Gerechtigkeit", sondern vielmehr um das vermeintlich "gerechte" Verteilen, wobei er der "objektive" Verteiler im Zentrum sein will.

Für den Konservativen hingegen ist Gerechtigkeit gleichbedeutend mit "Glück": wenn alle subjektiv mit ihrem Los zufrieden sind, ist Gerechtigkeit hergestellt. Entsprechend ist ein Wohlfahrtsstaat wie Deutschland, in dem jeder immer auf die eine oder andere Weise vermeintlich zu kurz kommt ("Gerechtigkeitslücke"), eine weitaus ungerechtere Gesellschaft als etwa Amerika, wo jeder sich subjektiv als Schmied seines eignen Glückes empfindet. Entsprechend sind die Menschen gut drauf, während Wohlfahrtsstaaten von einem alles wie Mehltau zudeckenden Mißmut geprägt sind.

Auf der rechten Seite des politischen Spektrums entsprechen den "verteilungsgerechten" Sozialdemokraten die Nationalkonservativen, die von der nationalen "Volksgemeinschaft" reden. Der Unterschied besteht darin, daß die Sozialisten eine "solidarische Gesellschaft" künstlich schaffen wollen, während die Nationalkonservativen auf alte Strukturen zurückgreifen, um eine "ständische Ordnung" wiederherzustellen.

Rechts von solchen Nationalkonservativen, a la Dollfuß, findet sich der obskurantistische Reaktionär, a la Ludendorff, der irgendwelchen mythischen, "völkischen", rassistischen oder religiösen Spintisierereien und paranoiden Phantastereien nachhängt. Verbindet sich dieser Obskurantismus mit sozialistischen Ideen (und in der Tat muß man geistig und seelisch ziemlich gestört sein, um sozialistischen Ideen nachzuhängen!), haben wir den Faschisten und Nationalsozialisten, a la Hitler, vor uns - der deshalb kein natürlicher Ausläufer des Konservatismus ist.

Auf der linken Seite findet der Reaktionär seine Entsprechung in jenen "politisch korrekten" Linksintellektuellen, die Baker als pseudo-liberale "modern liberals" bezeichnet hat. Eine Gemeinsamkeit mit ihrem rechten Pendant ist z.B. der Rassismus: sowohl der Reaktionär als auch der modern liberal sind unfähig hinter die Fassade auf die zugrundeliegenden gemeinsamen biologischen Funktionen zu schauen, die alle Menschen verbinden. Stattdessen bleiben sie buchstäblich an der Oberfläche haften und bewerten Menschen nach deren Hautfarbe. Beide erniedrigen den "Schwarzen", indem sie ihn behandeln, als sei er schutzbedürftig. Für den Rechten bleibt ein Schwarzer dumm und gefährlich, selbst wenn er Nobelpreisträger ist, während Linke sich sogar mit Drogendealern solidarisieren - solange es "schwarze" Asylbewerber sind. Der Mensch wird über seine Hautfarbe (oder z.B. seine "sexuellen Präferenzen") definiert!

Der modern liberal character läßt sich nur formell aber nicht charakterologisch vom Kommunisten differenzieren. Man könnte ihn als Kommunisten bezeichnen, der zögert, den letzten Schritt zu tun oder als Kommunisten, der sich wohl oder übel der Demokratie angepaßt hat (34:81). Der modern liberal ist ein Kommunist, der sich a la Gregor Gysi einigermaßen zivilisiert verhält. Zum Beispiel trat er nach der Oktoberrevolution für die gänzlich unmarxistische Bezeichnung "Volkskommissariat für Justiz" ein, während der richtige Kommunist, ganz im Geiste von Marx und Engels, offensiv für das steht, um was es wirklich geht: um das "Volkskommissariat für soziale Ausrottung". Nichts anderes ist "Stalinismus": es wird (wie in den Moskauer Prozessen) offen gesagt, was gemeint ist. Der eigentliche modern liberal würde das nie tun. Ansonsten gibt es keinerlei Unterschiede zwischen modern liberals und Roten Faschisten!(11)

Bukowski ist einer der ganz wenigen, der die Beziehung von modern liberal und Kommunist klar erfaßt hat. Auf die Frage hin, inwieweit die kommunistische Ideologie heute noch wirksam sei, stellte er 1998 fest, daß sich die beiden Grundvarianten der Marxistischen Ideologie, die kommunistische und die sozialistische, kaum voneinander unterscheiden und daß die Sozialisten heute die Welt regieren (der Marxismus also doch gesiegt hat), weil wir mit dem Kommunismus nicht so abgeschlossen hätten wie mit dem Nazismus in Deutschland, und die westlichen Sozialisten nicht verurteilt worden sind, wie ihre historische Entsprechung, die Vichy-Regierung. So waren die Sozialisten die eigentlichen Nutznießer des Zusammenbruchs des Kommunismus. Bukowski fährt fort: "Die Ideologie der Bolschewisten ist gescheitert, aber schon nimmt eine neue Art von Utopisten deren Platz ein, die politisch Korrekten. Sie übernehmen die Extremposition im politischen Spektrum, die bisher von den Bolschewisten besetzt war. Die politisch Korrekten gehen genau gleich vor wie früher die Kommunisten. Sie steuern die Linke - Sozialisten und Sozialdemokraten - und setzen so ihr Programm durch" (10). Diese Politisch Korrekten sind die modern liberals!

In Deutschland gehen die "Politisch Korrekten" auf die sogenannten "68er" zurück, die gemäß ihrer von Bukowski soeben beschriebenen Funktion auf eine untergründige Weise stets mit den kommunistischen Machthabern im Osten sympathisiert haben. Trotz aller Kritik ihrerseits und z.B. Verweigerungen der Einreiseerlaubnis von östlicher Seite. Woher der Wind unabhängig von der einen oder anderen gegenseitigen Anfeindung wirklich wehte, wird exemplarisch deutlich, wenn Rudi Dutschke und Manfred Wilke 1975 im Vorwort des von ihnen herausgegebenen Bandes Die Sowjetunion, Solschenizyn und die westliche Linke hinsichtlich der Unterstützung der reformistischen Opposition im Ostblock schwadronierten: "Dabei müssen wir uns als demokratische Sozialisten und demokratische Kommunisten in den kapitalistischen Ländern darüber klar sein, daß die reale Unterstützung der Reform-Opposition [im Osten] primär über die Kritik und sekundär, aber unerläßlich, über eine gewisse, gemeinsame antikapitalistische Zusammenarbeit mit den sozialistisch-kommunistischen Staatsparteien vor sich gehen muß" (z.n. 1:150). Ähnliche Töne hörte man fünf Jahre später von den Unterstützern Rudolf Bahros. Aus diesem dummdreisten Ungeist sind die Grünen hervorgekrochen!

Aus den bisherigen Ausführungen wird unmittelbar deutlich, daß im Zweifelsfall Rationalität eher bei der Rechten (den Konservativen) zu suchen ist als bei den Linken, deren Ideologie zwangsläufig in den Kommunismus führen muß. Da er nicht in seinem Kern geerdet ist, wird den Linken (den "Progressiven") nichts jemals sättigen können, was man z.B. daran sieht, daß der Linksradikalismus durch sozialistische Regierungen nicht aufgefangen werden kann, vielmehr radikalisiert er sich nur noch weiter (indem er sich immer weiter von den Wurzeln [radix] trennt). Der Begriff "gemäßigte Linke" ist ein Widerspruch in sich selbst! Auf der anderen Seite des Spektrums verbindet, wie bereits gesagt, die Konservativen so gut wie nichts mit den Faschisten und ihrem "nationalen Sozialismus" (auf den wir im 14. Abschnitt noch genauer eingehen werden).

Rechtsliberale und konservative Kritiker haben von Anfang an immer wieder darauf hingewiesen, daß die links von den Liberalen angesiedelten (also noch kontaktloseren) Sozialdemokraten letztendlich ein System errichten würden, das später als "Realsozialismus" bekannt werden sollte.

Bereits 1891 malte sich Eugen Richter, ein solcher Vertreter des klassischen Rechtsliberalismus, in einem fiktiven Tagebuch, den Sozialdemokratischen Zukunftsbildern eines zunächst begeisterten Sozialdemokraten, die Welt nach dem Endsieg der Sozialdemokratie aus: Zerfall der Arbeitsdisziplin, Rationierung der Grundnahrungsmittel, Kapitalverzehr, Schäbigkeit und Monotonie des Alltagslebens, Terror, Verlust auch der geistigen Freiheit, Zerfall der sozialen Beziehungen, die Landesgrenzen müssen gegen die Flucht der eigenen Bevölkerung gesichert werden. Dergestalt sah Richter bis in die Einzelheiten hinein die sozialistische Zukunft korrekt voraus, sogar deren Ende: er läßt das sozialdemokratische Experiment in Anarchie und Aufstand untergehen (20:205f).

Was als "vernünftige liberale Politik, im Interesse der Mehrheit der Menschen" daherkommt, ist aus bioenergetischer Sicht der strukturelle (innere) Zwang des Linken, die Kernfunktionen Liebe, Arbeit und Wissen im Namen von "Liebe, Arbeit und Wissen" zu vernichten. Herbert Marcuse sprach einst ganz offen von "parteiischer Toleranz". Das ist das Nonplusultra an Emotioneller Pest, wie sie uns tagtäglich "öffentlich-rechtlich", politisch korrekt angrient. Die sozial-kriminellen modern liberals werden nicht eher ruhen, als bis diese Welt "sozialisiert" ist oder der vollständigen Anarchie oder dem Islam anheimfällt. Egal was: nur der bioenergetische Druck muß aufhören! Die Kernfunktionen müssen ausgelöscht werden. Der Sozialismus, ob nun Sozialdemokratie, modern liberalism oder Kommunismus, ist eine Krankheit, in der sich der soziale Organismus aus purer Lebensangst (Reich sprach von "Orgasmusangst") gegen seinen eigenen Kern wendet und alles versucht, um ihn zu ersticken.

Der Linke gemahnt einen an den Krebskranken, bei dem die für ihn typische "Fallangst" (Orgasmusangst) "Anzeichen eines kompletten Versagens der Plasmafunktion im biologischen Kern des orgonotischen Systems des Organismus" ist (60:349). Entsprechend geht die alles erstickende Freiheitsangst (Orgasmusangst) des Linken darauf zurück, daß sich bei ihm das "energetische Orgonom" auf Kosten des "orgonotischen Systems" und damit des Kerns entfaltet. Die Linke verkörpert das unaufhaltsame Abgleiten in den gesellschaftlichen Krebstod (32).(12)

Bei allem, was man Konservativen vorhalten mag, dieser "Todestrieb" ist der Linken eigen. Er ist geradezu das Hauptmerkmal, das sie von der Rechten trennt. Der konservative Philosoph Günter Rohrmoser führt aus, daß es den konservativen Menschen kennzeichnet, in der Kategorie der Dekadenz zu denken, während der Linke strukturell dazu nicht in der Lage ist: er ist buchstäblich unfähig z.B. Bukowski zu lesen. "Wer eine Gesellschaft oder einen einzelnen Menschen als dekadent empfinden kann, der ist ein Konservativer von Geblüt. Eine der ganz großen Schwierigkeiten in der Verständigung mit Sozialisten besteht darin, daß man sich mit noch so einsichtigen und gutwilligen Sozialisten nicht über Dekadenz verständigen kann. Im Falle, daß man sich mit einem Sozialisten über Dekadenz verständigen kann, stellt man fest, daß dieser Sozialist im Grunde genommen keiner ist" (76:298).

 

 

13. Die Emotionelle Pest

Daß reaktionäre und faschistische ("rechte") Ideologien die Emotionelle Pest repräsentieren, steht außer Frage. Leider will aber niemand wahrhaben, daß auch der Linksliberalismus und die Sozialdemokratie spezielle Ausformungen der Emotionellen Pest sind und dazu noch äußerst perfide. Besonders die deutsche Sozialdemokratie hat sich buchstäblich als "eine Pest" erwiesen. Ende des 19. Jahrhunderts exportierte sie ihre Ideologie ins treuherzig-naive Rußland - was das Land im 20. Jahrhundert bis an den Rand der Auslöschung geführt hat. Später hat die grandiose sozialdemokratische Entspannungspolitik durch ihre Unterstützung der sowjetischen Mißwirtschaft die alten sowjetischen Strukturen zementiert - die heute Rußland immer tiefer in den Morast ziehen. Und wir fahren damit fort "zu helfen", während die einfachen Menschen Rußlands an den späten Früchten der Entspannungspolitik ersticken! Einer Entspannungspolitik, mit deren Hilfe es Ende des 20. Jahrhunderts die Sozialdemokraten beinahe geschafft hätten, sogar den gesamten Planeten in den roten Orkus zu stoßen.

Mit "den Sozialdemokraten" meine ich nicht etwa die einfachen fast durchweg konservativ strukturierten Mitglieder und Anhänger aus der Arbeiterschaft, sondern die Parteifunktionäre und parasitären Mundwerker, die gegen die Überzeugungen der einfachen Mitglieder 1945 in Ostdeutschland und nach 1970 in Westdeutschland die "Aktionseinheit" und Vereinigung mit der KPD und später mit der SED/PDS betrieben und betreiben. Nun - mittlerweile wird wohl auch die Mitgliedschaft der SPD durch charakterologische Kommunisten (modern liberals) dominiert - die sprichwörtlichen "Studienräte".

Bukowski hat darauf hingewiesen, daß die sozialdemokratische Entspannungspolitik die Existenz des Ostblocks um mindestens zehn bis fünfzehn Jahre verlängerte und es der todkranken Sowjetunion sogar erlaubt habe, ihren Einfluß unglaublich auszuweiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Sowjets ihr System nur nach Kuba und Nordvietnam ausweiten, während sie im Jahrzehnt der "Entspannung" Angola, Äthiopien, Afghanistan, Südjemen, Somalia, Mocambique, Laos, Kambodscha, Südvietnam, Birma, Nicaragua, Grenada, die Kap Verden und Madagaskar erobern und die "nationalen Befreiungsbewegungen" in El Salvador, Guatemala, Libanon, Namibia, Chile, etc. unter ihre Kontrolle bringen konnten (9:308). Bukowski fährt fort: "Wenn ich an diese Zeit zurückdenke und die Dokumente des ZK [der KPdSU] durchsehe, habe ich keine Zweifel mehr, daß die Periode der Entspannung die gefährlichste in der Geschichte der Zivilisation war. Nur ein halber Schritt fehlte dem Kommunismus bis zur Erringung der Weltherrschaft" (9:312).

Als Gorbatschows Versuch zu scheitern drohte, endlich den ursprünglichen Plan der Oktoberrevolution zu verwirklichen, nämlich mit Hilfe der mittel- und westeuropäischen Sozialisten das "gemeinsame Haus Europa" zu errichten, bemühten sich die sozialistischen/sozialdemokratischen Parteien Deutschlands, Österreichs, Frankreichs, Italiens und Spaniens verzweifelt, "Gorbi" zu retten. Die Internationale Abteilung des ZK der KPdSU berichtete der Führung am 7. Juni 1991 wörtlich: "Am aktivsten verwendet sich die Französische Sozialistische Partei (PSF) für die Diskussion der entsprechenden Probleme, was sich vor allem durch ihre Stellung als Regierungspartei und die Haltung ihrer Führung erklärt, die offensichtlich um das Überleben der sozialistischen Idee angesichts ihrer Krise in Osteuropa besorgt ist" (z.n. 9:577).

Das war alles andere als eine sowjetische Fehleinschätzung. Der französische Historiker Francois Furet weist auf die "abstrakte Bolschewisierung" der französischen Sozialistischen Partei unter Francois Mitterrand in den 1970er Jahren hin, was z.B. in der Sprache des Kommuniques einer Delegation der französischen Partei unter Leitung von Mitterrand und der Führung der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei, das im Mai 1976 verabschiedet wurde, zum Ausdruck kommt: "Die Delegation der Sozialistischen Partei Frankreichs war positiv beeindruckt von den Erfolgen, die das ungarische Volk unter der Führung der Arbeiterklasse und ihrer Partei beim Aufbau des Sozialismus erzielen konnte" (18:713).

Bukowski zufolge waren die deutschen Sozialdemokraten, die 1969 in der Person Egon Bahrs ihre ersten Fühler über KGB-Kontakte Richtung Osten ausstreckten, eine Art "Einflußagenten" Moskaus in der NATO (9:268). Entsprechende Dokumente des ZK der KPdSU kommentiert Bukowski wie folgt: "Es waren zweifellos die Sozialdemokraten, die zusammen mit ihren sozialistischen Verbündeten in Europa die Lüge, das Aufsehen im Westen schade den Dissidenten - trotz der Tatsache, daß die Dissidenten selbst anderer Meinung waren -, und andere Lügen über uns verbreiteten, wodurch sie zum 'Sprachrohr des KGB' für Kompromittierungsmaßnahmen wurden. Darüber hinaus beeilten sie sich, den sowjetischen 'Partnern' über die Erfolge ihrer 'Arbeit' zu berichten" (9:275). Die Dokumente sind veröffentlicht, aber sie interessieren niemanden.

Zwischen Ende 1982 und Sommer 1989 kam es zu mehr als hundert Begegnungen zwischen Spitzenfunktionären der (aus der Regierung gedrängten) SPD und der SED. Geheimakten der SED zeigen, daß Karsten Voigt einer der häufigsten SPD-Besucher im Haus des Zentralkomitees war. In den internen SED-Papieren ist zu lesen: "Karsten D. Voigt äußerte sich wiederholt positiv zur Politik der SED. Ihr großer Vorzug bestehe in der programmatischen Klarheit, im Wissen um die Probleme, in der Stärke der politischen Organisation und in der Geschlossenheit." Überall in der DDR spüre man, so Voigt, "daß es vorwärts gehe und die SED dabei die treibende Kraft sei". Zwar könne die SPD die SED nicht kopieren und wolle dies auch nicht, "aber vieles, was die Kommunisten der DDR politisch und organisatorisch leisteten, hätte Hand und Fuß und sei wie das Schulungssystem beispielhaft auch für seine Partei" (z.n. 85:49).

Bei seinem Referat der im Spiegel veröffentlichten SED-Akten führt Rainer Zitelmann weiter aus: "Schwer wiegt der Vorwurf, Voigt habe gar der SED Ratschläge gegeben, wie sie am geschicktesten gegen Bürgerrechtler vorgehen könne, um öffentliches Aufsehen zu vermeiden. In den Akten findet sich jedenfalls ein 'Vermerk über eine vertrauliche Information von K.D. Voigt' vom 8. Juli 1988. Danach hat der SPD-Außenpolitiker die ZK-Mitarbeiter Manfred Uschner und Karl-Heinz Wagner darauf hingewiesen, daß die mit einem befristeten Visum ausgereisten Bürgerrechtler Bärbel Bohley und Wolfgang Templin am 6. August das Wiedereinreise-Versprechen der DDR-Führung testen wollten. Voigt fügte laut Aktennotiz hinzu: 'Nach seiner persönlichen Meinung wäre es die glücklichste Lösung, sie zunächst einreisen zu lassen und dann bei oder wegen entsprechender Aktivitäten zu ergreifen und auszuweisen. Sie selbst und die hinter ihnen stehenden Dienste rechnen damit und hoffen darauf, daß die Sicherheitsorgane der DDR schon ihre Einreise verhindern werden. Das beabsichtigt man gegen die sicherheitspolitische Zusammenarbeit von SED und SPD auszuspielen'" (85:50).

Unvergessen ist der bereits erwähnte Egon Bahr. Hermann von Berg, damals Unterhändler der DDR-Regierung, erinnert sich an eine Begegnung mit Bahr Anfang der 1970er Jahre. Kurz zuvor war Bahr von der westdeutschen Presse wegen der Ostverträge hart angegangen worden. Dem vollkommen konsternierten Berg sagte er in bezug auf die Journalisten: "Wären wir hier in Chicago, ich würde mir eine Gang bestellen und ließe sie alle umlegen." Als Berg, ein Kenner der Geschichte der Arbeiterbewegung, mit seinem Chef, DDR-Ministerpräsident Willi Stoph, über Bahrs gedankliche Brutalität sprach, meinte Stoph: "Bahr gehört doch wenigstens zu denen, die ein Gespür für die Macht haben, die linken Sozis und wir kommen aus einer Tradition, du solltest das doch wissen" (7:173f).

Daß Stoph die gemeinsame Tradition von linken Sozialdemokraten und Kommunisten ausgerechnet an "Chicago" festmacht, kommt nicht von ungefähr, denn Sozialismus war nie etwas anderes als organisierte Kriminalität im Großformat ("Enteignung", "Umverteilung"). Die Affinität der Kommunisten zu Kriminellen(13) selbst im eigenen Herrschaftsbereich ließ sich z.B. daran ablesen, daß, wie alle Dissidenten übereinstimmend berichtet haben, die Kriminellen als "klassennahe Elemente" im GULAG verhältnismäßig gut, ja geradezu zuvorkommend behandelt wurden, während die "Politischen" als Klassenfeinde Freiwild waren. 1941 wurden beim Vordringen der deutschen Truppen die politischen Häftlinge vom KGB erschossen, während die Kriminellen freigelassen wurden.

Die Bolschewiki selbst waren ursprünglich nichts anderes als ein Haufen Krimineller, die von Banküberfällen lebten, und nach dem Untergang der UdSSR sind sie wieder zu Gangstern geworden. Bukowski fand in den Dokumenten des ZK der KPdSU Belege dafür, daß Gorbatschow, als sich der Zusammenbruch seines Regimes deutlich abzeichnete, die Tätigkeit der KPdSU "privatisierte" und dazu aufrief Joint Ventures zu gründen, wobei an die "internationale Hilfe" für die weltweite sozialistischen Bewegung angeknüpft wurde. "Nachdem sie sich zunächst mit dem Waschen der Parteigelder und der Verschiebung der Reichtümer des Landes, die sich unter ihrer Kontrolle befanden (Gold, Erdöl, Metall), befaßt hatten, sind diese bösartigen Mafiastrukturen wie ein Krebsgeschwür gewuchert und haben nun nahezu das gesamte 'private' Geschäftsleben der Länder der ehemaligen UdSSR durchdrungen. Wenn diese Länder jetzt internationale Handelsbeziehungen anknüpfen, dann hat die Weltgemeinschaft es mit einem internationalen Verbrechersyndikat zu tun, das weit skrupelloser und mächtiger ist als das kolumbianische Drogenkartell oder die Cosa Nostra. Unversehens werden wir in einigen Jahren gegen solche Supersyndikate wie das SPECTRE aus den James-Bond-Filmen zu kämpfen haben" (9:36).

Es ist wie ein Krebsgeschwür, das, nachdem es seinen Zusammenhalt verloren hat, den Körper mit Krebszellen überschwemmt und auf diese Weise unkontrolliert metastasiert (32). In einem Körper, der bereits durch die Schrumpfungsbiopathie gezeichnet ist.(14)

 

 

14. Faschismus

Wie bereits gesagt trennt Nazis und Kommunisten wenig voneinander. Man betrachte nur Figuren wie Goebbels und Freisler, die vorher Kommunisten waren, oder Wyschinski und Berija, die sich ins nationalsozialistische Deutschland hervorragend eingefügt hätten. Oder gar den Ex-Nazi Karl Eduard von Schnitzler, dessen, wie sich ein hoher Staatsfunktionär der DDR erinnert, "antisowjetische und antisemitische, zynische Witze keiner zu überbieten vermochte" (7:146). Man denke daran, wie nahtlos NS-Kader in DDR-Strukturen paßten, und wie bemerkenswert viele SED- und FDJ-Funktionäre nach dem Untergang der DDR den "Nationalen Sozialismus" für sich entdeckten. Es kommt sogar zur Verschmelzung, etwa der "National-Bolschewismus" im heutigen Rußland, ganz im Sinne von Goebbels' Ausspruch in seinem Roman Michael (1929): "Sozialist sein: das heißt, das Ich dem Du unterordnen, die Persönlichkeit der Gesamtheit zum Opfer bringen" (z.n. 79:36).

Einen Unterschied zwischen Rechts- und Linksfaschismus kann man am Komplex "Schuldgefühl" festmachen. Im praktischen Handeln spielen beim "Rechten" Schuldgefühle keinerlei Rolle (das ist etwas, was er sozusagen "privat" mit "Gott" oder der mystisch gefühlten "Natur" ausmacht). Er identifiziert sich mit seinen Ursprüngen und den "Volksgenossen", ist stolz auf seine eigene Identität und grenzt alles Fremde, das vor seinen Augen zu einem undefinierbaren Brei ohne individuelle Konturen zerfließt, ängstlich aus. Der Linksliberale hingegen lebt seine Schuldgefühle auf dem sozialen Schauplatz aus. Pestilentes Verhalten ("politischer Aktivismus") ist die einzige Möglichkeit, die ihm offen steht, mit der Schuld fertigzuwerden. Das ist eine Folge seiner Abtrennung vom bioenergetischen Kern: statt sich mit seiner Herkunft zu identifizieren, befindet er sich in ständiger Rebellion (das schlechte Gewissen des Subversiven); wegen des mangelnden Kontakts zum Kern und den "Ursprüngen" ist der Zugang zur "Vergebung" buchstäblich versperrt; er ist sich nie sicher, ob er richtig oder falsch liegt, außerdem erzeugt diese Unsicherheit zusammen mit seiner Subversivität ein ständiges Gefühl von Unaufrichtigkeit und Falschheit (48:207f). Als einzige Entlastung des alles zerfressenden individuellen schlechten Gewissens bleibt das Aufgehen im Kollektiv - durch Identifizierung mit den vermeintlich Unterdrückten.

Zu welchen pathologischen Exzessen Linksliberale aufgrund ihres Schuldkomplexes fähig sind, zeigt der linke Essayist Wolfgang Pohrt. Angesichts von "Hoyerswerda" träumte er 1991 in konkret davon, "was Gerechtigkeit bedeuten könnte": wenn die deutschen Städte brennen würden, wie die Ausländerwohnheime und wenn "deutsche Urlauber in Italien mit eingeschlagenem Schädel auf der Intensivstation enden" (z.n. 74:14). Der gleiche Autor schrieb drei Jahre später im vormaligen FDJ-Organ Junge Welt in Fortführung dieser Gedanken: "Und es ist reichlich unverschämt, wenn die Deutschen sich über die Schärfe der Kritik an ihnen beschweren. Wundern müßten sie sich, daß sie überhaupt existieren dürfen. Warum, müßten sie sich fragen, hat man 1945 nicht statt der Juden sie selber in die Lager gesperrt? Warum hält die Welt die Deutschen nicht für eine mindere Rasse, obgleich zwischen 1933 und 1945 der Augenschein dafür sprach, daß sie eine waren" (z.n. 77:140). Hitler identifizierte sein eigenes Schicksal mit dem Deutschlands. Pohrts selbstlose Identifizierung mit "den Ausländern" ist ebenso total. Beide einigt ihr Kollektivismus und ihre Todesangst vor Freiheit und Selbstverantwortung: vor "Amerika" (der Verkörperung des Rechtsliberalismus).(15)

Dem linken Kollektivismus geht es typischerweise um eine amorphe Masse von "Werktätigen", während es der rechten Seite um "Selektion", Spezialisierung, Ab- und Ausgrenzung zu tun ist. Das perfekte Beispiel ist die militärische Rangordnung, die in der Frühzeit der Roten Armeen Rußlands und Chinas nivelliert wurde, während sich im Schwarzen Faschismus durchgehend wirklich alles um die Rangordnung drehte. Doch genauso wie sich im Kommunismus sehr bald wieder die alten Rangabzeichen durchsetzten, darf man auf der anderen Seite nicht das genuin Kollektivistisch-Sozialistische im Faschismus unterschätzen, die "Kameradschaft".

Für beide Lager, also Real- und Nationalsozialismus, war, frei nach Rousseau und Marx, die "menschliche Emanzipation" erst vollbracht, wenn der individuelle Mensch ganz im "Gattungswesen" aufgegangen ist: Sozialismus! Entsprechend näherte sich die Sozialpolitik des Nationalsozialismus, so der Politologe Klaus Hornung, von der Zielsetzung her dem sowjetischen Gesellschaftsmodell: "Hier sollte ein umfassender, totalitärer, durchaus 'moderner', von staatlichen Planern entworfener und gelenkter Sozialstaat entstehen. Eine gewaltige Staatsbürokratie sollte nicht nur materielle Gratifikationen bereitstellen, sondern auch soziale Belohnung und Orientierung (...). Dies alles bis hin zu den Anfängen von Massenkonsum mit Volksradio, Volkswagen und Volkswohnung, (...) in einem Befehls- und Betreuungsstaat für die Gehorsamen und Anpassungsbereiten (wie er später in der Honecker-Ära der DDR mit ihrer 'Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik' wiederkehrte)" (26:234).

Revel verweist auf den Ökonomen Ludwig von Mises, der gezeigt hat, daß acht von den zehn vordringlichsten Maßnamen, die Marx im Kommunistischen Manifest vorschlägt, von Hitler durchgeführt wurden (72:157). Zwar gab es strukturelle Differenzen, aber vom Prinzip her waren das NS-Wirtschaftssystem und der DDR-Sozialismus gleichgeartet, zumal man sich im NS-Staat einer sozialistischen Symbolik bediente.

Ist es da ein Wunder, daß in den letzten Jahren der dahinsiechenden DDR und dann, angesichts des einziehenden Kapitalismus, in den 1990er Jahren in den neuen Bundesländern der Nationalsozialismus bei Jugendlichen wieder Fuß fassen konnte? Auch wird allzu gern vergessen, daß die akademische Jugend im Westen Ende der 1960er Jahre sich aus der gleichen Angst vor der kapitalistischen Freiheit genauso verhielt, als sie gegen die "historisch überholte Leistungsideologie" aufstand. (Die "Schrumpfungs-Rebellion" von Krebszellen!) Imgrunde war es 1968 das gleiche jungakademische Milieu, das 1933 die "nationale Revolution" gefeiert hatte.

Der Zeitzeuge Hermann Lübbe schreibt im Rückblick: "Es will mir noch im nachhinein als Vorgang der Selbsttäuschung vorkommen, daß man eine Generation zur 'kritischen Generation' zu ernennen vermochte, die - abermals enthusiasmiert durch eine große Lehre - aufbrach, sich in Zwölferreihen im Geschwindmarsch unter roten Fahnen und Führerbildern durch die Hauptstraßen von Universitätsstädten zu bewegen, die Augen gläubig irgendwelchen theoriegeborenen Idealen zugewandt. Ältere Deutsche, die erst wenige Jahre zuvor aus der von den Nazis erzwungenen Emigration zurückgekehrt waren, sind im Anblick dieser Bewegung in Tränen ausgebrochen - nicht weil sie die 68er Generation für Neonazis gehalten hätten, sondern weil das Behaviour unverkennbar neototalitär war" (44:125).

Der Publizist Sebastian Haffner fühlte sich in den 1960er Jahren - "unwillkürlich an meine eigenen Altersgenossen erinnert, die jungen Leute von vor dreißig Jahren, die damals, voll ähnlich leichterregter Entrüstung, scharenweise in die SA gingen. Dieselben unkritischen jungen Gesichter, dieselbe naive Unbescheidenheit und Überheblichkeit (...)" (z.n. 85:32). Es wird heute gerne vergessen, daß auch der Nationalsozialismus weitgehend eine Jugendbewegung war und seine Führer allesamt zwischen 30 und 40 Jahre alt waren (76:54).

 

 

15. Political Correctness

Lenin, ein wandelndes Gehirn, für das das Denken alles war, brachte der "gedankenlosen Masse" nur abgrundtiefe Verachtung entgegen. Als Maxim Gorkij diesen Massenmörder in einer Diskussion über die Grausamkeit der Revolution danach fragte, ob er die Menschen liebe, antwortete Lenin: "Die Gescheiten tun mir leid. Es gibt nur wenige gescheite Menschen unter uns [Russen]" (30:131). Typisch für dieses zerebrale Herrenmenschentum von Links ist auch der Leninist und Menschenverächter Che Guevara, der zum Thema Der Sozialismus und der Mensch in Kuba schrieb: "(...) die Masse verwirklicht mit Begeisterung und Disziplin ohnegleichen die Aufgaben, die die Regierung setzt, seien sie nun wirtschaftlicher, kultureller, verteidigungstechnischer, sportlicher oder anderer Natur. Die Initiative geht im allgemeinen von Fidel oder vom Oberkommando der Revolution aus und wird dem Volk erklärt, das sie dann als seine eigene aufgreift" (z.n. 45).

Nicht viel anders sieht es in unserem Staat aus. Man denke nur an die Rufmorde, die die "öffentlich-rechtlichen", durch die linkslastige Gewerkschaft Ver.di gleichgeschalteten Volkspädagogen zu verantworten haben. Zum Beispiel wie 1993 der Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, Steffen Heitmann, mit Worten und Karikaturen fertiggemacht wurde - als wären diese Linksfaschisten bei Julius Streichers Stürmer angestellt gewesen. Was hatte Heitmann getan? Er hatte die Meinung des Volkes ("Stammtisch") artikuliert und damit die Volkspädagogik unterlaufen! Er hatte sich skeptisch gegenüber der multikulturellen Gesellschaft und Maastricht gezeigt, sich positiv über den Begriff Nation geäußert und sich gegen Tabus in Hinsicht auf Themen wie Zuwanderer, deutsche Geschichte und Mutterschaft gewandt. Also genau jene konservative Denkweise zum Ausdruck gebracht, die bis auf eine kleine Schicht entfremdeter Mundwerker jeder zustimmen würde - auch wenn die meisten nicht so mutig und gradlinig wie Heitmann sind. Man ist an Revels Satz über entsprechendes Geschehen im Frankreich der 1970er Jahre erinnert: "Das ist einer der zahlreichen Fälle, wo man die nichtkommunistische Linke, die vorgibt, intellektuell autonom zu sein, in das gemeinste stalinistische Gestammel verfallen sieht, sobald sie zu polemisieren beginnt" (72:58; vgl. 37:222). Die Fassade bricht weg und die faschistische Sekundäre Schicht kommt zum Vorschein!

Die Perfidie wird dadurch ins Unerträgliche gesteigert, daß die linken Meinungsmacher ständig sogenannte "Ausgrenzungsmechanismen" anprangern und gleichzeitig im "Kampf gegen Rechts" alles, aber auch wirklich alles, was rechts von der SPD steht, mit dem Nationalsozialismus gleichsetzen. Im Rahmen der großen Säuberung wird alles hinweggefegt, was der "antifaschistischen Kulturlinken" im Wege steht. Charakterologisch ist sie identisch mit jenen Politkommissaren a la Che Guevara, die zwischen 1917 und 1989 die Ermordung von 100 Millionen Menschen angeordnet haben.

Nicht von ungefähr gemahnen Beschreibungen des GULAG fatal an die heutige von der Political Correctness terrorisierte Welt: "Was die Sowjetlager außer ihrer gigantischen Größe besonders auszeichnet, ist, daß sie die Notwendigkeit erzwingen, zu lügen, um das Leben zu retten, ununterbrochen zu lügen, jahrelang eine Maske zu tragen und niemals zu sagen, was man wirklich denkt. (...) Meetings und Versammlungen, Begegnungen und Gespräche, Wandzeitungen für die Häftlinge - alles ist voll der süßlichen offiziellen Phraseologie gehalten, die kein einziges wahres Wort enthält. Für den im Westen aufgewachsenen Menschen ist es schwer zu verstehen, was es bedeutet, fünf bis zehn Jahre lang weder das Recht noch die Möglichkeit zu haben, sich auszusprechen, was es heißt, jeden 'illegalen' Gedanken in sich unterdrücken zu müssen und wie ein Grab zu schweigen. Unter dem unerhörten Druck deformiert sich das ganze innere Wesen des Menschen und zerfällt" (15:349).

Es gibt nichts Aktuelleres als Das Schwarzbuch des Kommunismus, aus dem dieses Zitat stammt, denn es zeigt die allerletzte nackte Konsequenz dessen, was heute alle Menschen "mit Hirn" vertreten und was unterschwellig als Botschaft durch alle Medien in uns dringt: "die süßliche offizielle Phraseologie, die kein einziges wahres Wort enthält, die uns dazu treibt, jeden 'illegalen' Gedanken in uns zu unterdrücken und die dergestalt unsere ureigenste Natur deformiert, bis unser ganzes inneres Wesen zerfällt" - die Political Correctness (diese Verbindung von Lüge und Feigheit, schlechtem Gewissen und dem Verächtlichmachen anderer).

Die neue politische Klasse der Politkommissare geht direkt auf die 68er zurück, die sich kaum von den Bolschewiki unterschieden: eine verschwindend kleine Minderheit, die sich durch ihre extreme Lautstärke und Intoleranz so aufspielte, als sei sie die Mehrheit. Eine Minderheit, die den Rest der Bevölkerung "politisieren" wollte, um dann als Politfunktionäre ein bequemes Leben außerhalb "der Produktion" zu führen und den anderen zu sagen, wo es langgeht. Teilweise ist es ihnen ja gelungen! Man betrachte nur den "Sozialstaat" Deutschland, von den wuchernden Bürokratien bis zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen; ein System, das durch die Steuern und Beiträge der Facharbeiter- und Angestelltenschaft aufrechterhalten wird; und frage sich, wem die ganze soziale Fürsorge wirklich dient. Bereits um 1900 hatte der polnische Sozialist Jan Waclav Makhaiski seine Theorie vom Sozialismus der Intellektuellen entwickelt. Demnach ist Sozialismus "ein soziales Regime, das auf der Ausbeutung der Arbeiter durch professionelle Intellektuelle beruht" (z.n. 72:396).

Um an die Macht zu kommen, hatten sie einen "herrschaftsfreien Diskurs" versprochen, als sie dann aber an der Macht waren, kam die gnadenlose Meinungsdiktatur, kam der neue Stalinismus über uns: Marxismus von den Füßen zurück auf den Kopf gestellt durch Antonio Gramsci, die Frankfurter Schule, sowie Foucault, Deleuze, Darrida & Co. Hier hat der Stalinistische Geist überwintern können: alles ist bloße Ideologie. Es gibt keine Wirklichkeit, keine Objektivität, sondern nur den "Klassenstandpunkt". Durch "Dekonstruktion" wird die Ideologie in jeden beliebigen Text hineingelesen (38).

Das ist direkter Ausdruck der linksliberalen Charakterstruktur mit ihrer ganzen Kontaktlosigkeit und Hinterhältigkeit: Informationen werden so verbreitet, als gäbe es unendlich viele Wirklichkeiten, gleichzeitig wird aber nur eine einzige Meinung zugelassen, "gegen Rechts". Diese "Meinungsfreiheit" ist die "kulturelle Attacke", die Political Correctness - die von einer Orwellschen Gedankenpolizei rigoros durchgesetzt wird. Wie Rohrmoser es ausdrückt: "Der Marxismus ist als sozioökonomische Revolution gescheitert, aber er hat als Kulturrevolution triumphiert" (76:169). Es ist Roter Faschismus!

Frappierend ist die äußerste Präzision, mit der die Linksjournaille ("kritischer Journalismus") zwischen (linken) "Querdenkern" und (rechten) "Hardlinern" unterscheidet - als wäre sie vom Reichspropagandaministerium instruiert. Wird so etwas gesagt wie: "Hier ist die Basis weiter als die CDU-Spitze", bedeutet das nie, daß sie abgeklärter, nüchterner und "konservativer" ist, sondern stets, daß sie linksliberaler und politisch korrekter eingestellt ist: Es geht voran! - Es gibt keinen primitiven Antifaschismus, sondern ausschließlich "primitiven Antikommunismus". Leute mit einem guten Gedächtnis sind neuerdings "Kalte Krieger". Rechte Untaten sind "obszön", linke sind nie obszön, sondern allenfalls "bedauerlich". Kapitulation vor einem (linken) randalierenden Mob wird in "Deeskalation" umgelogen; die gleiche Taktik gegenüber "Rechten" ist "Kapitulation des Rechtsstaats". Freiheit und "Liberalität" bekommt einen ganz neuen Sinn: Denk-, Rede- und Statistikverbote auf der einen und mit schärfsten Restriktionen verknüpfte Sprachregelungen auf der anderen Seite.

Weisungsungebundene und mit Vetorecht ausgestattete Politkommissare, die sich heute (Frauen-, Behinderten-, Ausländer-, Minderheiten-, Sekten-, Informations- und Kommunikations- etc.pp.) "Beauftragte" nennen, wachen über das richtige Bewußtsein, so wie einst die spanische Inquisition das Christentum verteidigte. Die linken Dogmen werden sakrosankt und der einzige Code, in dem noch gedacht werden darf. Zum Beispiel darf die sogenannte "Ausländerfeindlichkeit" (gemeint ist natürlich "Zuwandererfeindlichkeit") nicht auf Zuwanderung und Integrationsprobleme und, was Ostdeutschland betrifft, berechtigte Ängste angesichts der Zustände in Westdeutschland erklärt werden, sondern nur mit abstrusen, um nicht zu sagen absurden "Faschismustheorien".

Die Massen an den vermaledeiten "Stammtischen" merken mit ihrem gesunden Menschenverstand, ihrem (verzerrten) Kontakt zum bioenergetischen Kern und nicht zuletzt aus ihrer alltäglichen Eingebundenheit in der Arbeitsdemokratie heraus, daß die linken Meinungsmacher nur sinnlosen Quatsch von sich geben. Intellektuell können sie sich gegen diese linken Hirnmaschinen, die mittlerweile den gesamten Staats- und Medienapparat in ihrer Hand haben, aber nicht durchsetzen. Zwangsläufiges Resultat dieser Hilflosigkeit der Massen ist eine dumm-dumpfe SA-Mentalität. Was die Linksliberalen dazu veranlaßt, immer neue Umerziehungsprogramme zu initiieren.

Bereits 1933 stellte Reich in der Originalfassung seiner Massenpsychologie des Faschismus fest, daß der Nationalsozialismus nur eine sekundäre Reaktion auf den Bolschewismus sei: "das Aufbäumen einer sexuell ebenso wie wirtschaftlich todkranken Gesellschaft gegen die schmerzhaften, aber entschiedenen Tendenzen des Bolschewismus zur sexuellen, ebenso wie ökonomischen Freiheit" (54:94). In der revidierten Fassung ein Jahrzehnt später ist diese Aussage fast identisch (58:73). Reich trifft jedoch aufgrund seiner neuen bioenergetischen Einsichten parallel dazu eine Feststellung, die die ursprüngliche Tendenz geradezu ins Gegenteil verkehrt: "In der Rebellion der Masse der mißhandelten Menschentiere gegen die nichtssagenden Höflichkeiten des falschen Liberalismus (ich meine nicht den echten Liberalismus und die echte Toleranz) kam die charakterliche Schichte der sekundären Triebe zum Vorschein" (58:15). Oder, wie er an anderer Stelle schreibt: "Es ist nie aus den Augen zu verlieren, daß Hitler stets an den berechtigten Haß der Massenmenschen gegen die Scheindemokratie und das Parlamentssystem anknüpfte - und mit viel Erfolg" (58:233).

Nach heutiger orgonomischer Theorie war der Nazismus ein ebenso verzweifelter wie pestilenter Versuch, mit der zerstörerischen Subversion der verlogenen linksliberalen Freiheitskrämer fertigzuwerden (32; 33:67,73). Die gesellschaftliche Immunabwehr ist über das Ziel hinausgeschossen und hat sich als genauso zerstörerisch erwiesen wie der ursprüngliche Krankheitserreger. Nach Überwindung des faschistischen Fieberanfalls lebt der linke Krankheitserreger vom Kampf gegen die überwundene rechte Krankheit. Oder wie es Furet ausdrückt: "Der Faschismus ist aus einer antikommunistischen Reaktion entstanden. Der Kommunismus verdankt seine verlängerte Lebensdauer dem Antifaschismus" (18:39). Auf diese Weise bedingen linker und rechter Faschismus einander und ersticken dabei den sozialen Organismus: es ist ähnlich wie Reichs Beschreibung der Panzerung als "Gewebe" von Trieb und Triebabwehr (66:425).

Aktuell kann man den Rechtsradikalismus als eine pestilente Abwehrreaktion gegen den Islam und seine linksliberalen Förderer betrachten. Die Gegenreaktion unserer Gesellschaft auf die "Gefahr von Rechts"? Ein forcierter Multikulturalismus, der genauso neurotisch ist! Eine rationale Auseinandersetzung über den Islam in Deutschland wird auf diese Weise von vornherein unmöglich. Die Gesellschaft als ganzes (nicht nur Individuen) ist hoffnungslos abgepanzert, eine Lösung der Probleme aussichtslos. Denn natürlich kann man die Gesellschaft nicht wie ein Individuum einer "Charakteranalyse" unterziehen, d.h. die "gesellschaftlichen Widersprüche" aufdecken, wie es die Wahrheits- und Freiheitskrämer tun.

Das einzige, was man tun kann, ist, die Massen mit ihrer Kontaktlosigkeit in Kontakt zu bringen, sie ihnen vor Augen zu halten (Reichs "Listen, Little Man!"), so daß ihnen ihr irrationales, selbstschädigendes Verhalten schließlich selbst fremd und lächerlich vorkommt. Nichts anderes kann "Aufklärung heute" bedeuten (37:211-213). Das heißt das exakte Gegenteil dessen zu betreiben, was die Political Correctness macht.(16)

 

 

16. Saharasia

Angesichts des zeitgeistigen Geredes über das Ende des Nationalstaats fühlt sich der Bevölkerungswissenschaftler Josef Schmid "wie strafversetzt in die Dogmatik des Marxismus-Leninismus, wo man an das Absterben des Staates glauben mußte. Nun erscheint das Kleinreden des Nationalstaats bzw. der Glaube an sein schleichendes Obsoletwerden als der gemeinsame Nenner fortschrittlicher Geisteshaltung" (78:53). Wie im Kommunismus wird der Mensch im "Multikulti", der Auffangideologie der von Moskau im Stich gelassenen Linken, zu einer abstrakten, universalistischen Idee, losgelöst von Kultur, Volksgruppe, Erziehungsstil, etc. (78:91). Die Linke hat zum nächsten Experiment geblasen! Mal sehen, ob es diesmal mit weniger als 100 000 000 Toten (15) abläuft. Schmid weist darauf hin, daß in diesem neuen Jahrhundert nicht länger Staaten, sondern Volks- und Religionsgruppen übereinander herfallen werden. Der Kosovo-Krieg wäre der erste Krieg dieser neuen Geschichtsperiode gewesen (78:206).

Bezeichnend ist, wie heute die "aufgeklärten Kreise" im politisch korrekten "Islamdialog" die Grundwerte unserer Gesellschaft zur Disposition stellen. Kann man z.B. Voltaires Schauspiel Der Fanatismus, oder Der Prophet Mohammed überhaupt noch aufführen? Rohrmoser schreibt zu dieser Situation: "Die Vorstellung, in einer multikulturellen Gesellschaft werde man idyllisch, schiedlich und friedlich zusammenleben, ist durch keine Erfahrung der Geschichte gedeckt. Alle Überlappungs-, Durchdringungs- und Wanderungsbewegungen haben mit der Durchsetzung des hegemonialen Anspruchs der stärksten partikularen Kultur und Religion geendet. Auch das verunsicherte Deutschland, soweit es seinen ursprünglichen Sitten, Tugenden und seinem Glauben entfremdet ist und sich in konsumorientierte Einzelindividuen aufgelöst hat, würde, so können wir vermuten, einer genügend großen Zahl von Muslimen nicht standhalten, sondern sich dem hegemonialen Anspruch ihrer Kultur faktisch unterwerfen" (75:254). Man frägt sich, ob das nicht das unbewußte Ziel der vermeintlich "antifaschistischen" Multikulti-Enthusiasten ist!

Wurde früher angesichts der Bedrohung aus dem Osten gesagt, man müsse zwischen dem Stalinismus und den ursprünglichen Intentionen des Marxismus unterscheiden, wird nun argumentiert, daß man zwischen der islamischen Religion und dem Fundamentalismus differenzieren müsse. Klingt gut, aber die Leute, die das vorbringen, haben sich meist nicht mit Marx' Gesamtwerk bzw. mit dem Koran auseinandergesetzt. Und was speziell den Islam betrifft sind gerade die Ideologen des Multikulturalismus durch einen peinlichen Eurozentrismus geprägt, indem sie den Islam mit dem christlichen Religionsbegriff erfassen wollen.

Islam (wörtlich "Unterwerfung", nicht etwa "Frieden", wie die Manipulatoren uns weismachen wollen) ist weniger eine Religion, sondern Din, d.h. "sich umfassend verpflichten". Es ist blinder, fragloser Gehorsam: die Gläubigen dürfen nicht, wenn Allah und sein Gesandter eine Angelegenheit entschieden haben, "die Wahl in ihren Angelegenheiten haben" (40, Sure 33,36). Wer den Islam verstehen will, selbst in seinen extremsten Exzessen, wie den Kindermorden der GIA in Algerien, muß sich die zentrale Glaubenstat Abrahams, bzw. Ibrahims, vergegenwärtigen, der gemäß dem Koran sozusagen der Urmoslem war. Ibrahim bewies seinen Islam, indem er Allahs Befehl folge leistete und versuchte, seinen eigenen Sohn zu schlachten. Mit Steinwürfen vertrieb er den Satan, der ihn von dieser Tat abhalten wollte. Noch heute steinigen die Mekka-Pilger den Satan symbolisch für diese humanistische Intervention. Ein Muslim gehört nicht sich selbst, er gehört Gott. Wer sich selbst gehört, also gottlos ist, gilt weniger als ein Tier! "Siehe, schlimmer als das Vieh sind bei Allah die Ungläubigen, die nicht glauben" (40, Sure 8,55).

Eigenständiges Denken muß zugunsten blinden Glaubens aufgegeben werden. In diesem Sinne ist der Islam radikal antihumanistisch (81:25f). Statt den Menschenrechten, ganz zu schweigen von der Autonomie des einzelnen, gibt es nur die Rechte Gottes. "Allah wird im Islam als Vater-Diktator, als 'Zwingherr über seine Diener' (Sure 6,18), als Musterexemplar eines Willkürherrschers gesehen. (...) Als Gegenstück und Gegen-Pol zu Allah soll der Muslim dem Koran zufolge ein vorbildlicher Knecht sein und sich in allem in den Willen Gottes fügen (Sure 6,70)" (82:99).

In seiner Ent-Selbstung ist der Muslim wirklich die perfekte, fast schon karikaturhafte, Antithese zu allem für das Stirner (siehe Max Stirner und die Kinder der Zukunft) und Reich standen.(17) Der Islam-Kenner Rolf Stolz führt aus, daß sogar der "liberale" Sufi danach drängt, das eigene Selbst (nafs) auszulöschen, da es ihn als "Schuldsklaven" von seinem Herrn und Meister trennt. Bei den Orthodoxen Muslimen ist es ohnehin so, daß der Einzelne in der Gemeinschaft (umma) aufgehen soll, symbolisiert durch das gemeinsame Gebet Richtung Mekka. Der Einzelne steht nicht allein und aufrecht vor Gott, sondern wirft sich vor ihm im religiösen Kollektiv auf die Erde; einem Kollektiv, in dessen Normen er vollständig aufgeht (82:81f).

Betrachtet man die Regelungen des Islam, die insbesondere, bzw. vor allem dem Familienleben und damit dem Sexualleben gelten, erweist sich der Islam als die imperialistische Ideologie "Saharasias" schlechthin. In den 1980er Jahren hat der Geograph James DeMeo das gesamte zugängliche weltweit erhobene ethnographische Datenmaterial nach sexualökonomischen Kriterien aufgeschlüsselt und auf eine Weltkarte projiziert. Es zeigte sich ein extrem antisexueller und lebensfeindlicher Kern, der geographisch mit dem größten zusammenhängenden ariden Gebiet der Erde zusammenfiel: SAHara, ARabische Wüste, Naher Osten und ZentralASIEN; entsprechend taufte DeMeo dieses Gebiet zwischen Marokko und der Wüste Gobi "Saharasien" (bzw. Saharasia). DeMeo zeigt im Detail auf, wie sich die Sexual- und Lebensfeindlichkeit in den letzten 6000 Jahren von diesem zentralen Gebiet ausgehend zunächst auf die Randgebiete und dann auf den ganzen Planeten ausgeweitet hat (16).

Vergleicht man DeMeos "sexualökonomische Karte" mit Karten, auf denen die Ausbreitung des Islam in Nordafrika und Westasien eingezeichnet ist, wird man feststellen, daß sie sich decken. Es sieht aus wie ein großes Krebsgeschwür im Zentrum der Welt, das seine Fühler z.B. nach Europa und Schwarzafrika aussendet und weit entfernt vom Zentrum Metastasen bildet, z.B. im indonesischen Archipel. Man stelle nur mal das hinduistisch gebliebene Bali neben den Rest Indonesiens, um ermessen zu können, was für eine menschliche, kulturelle, ökonomische und nicht zuletzt sexualökonomische Katastrophe die Ausbreitung des Islam bedeutet. Wo immer der Islam Einzug hielt, hinterließ er, genau wie der Kommunismus, nach wenigen Generationen ein niedergewirtschaftetes Brachland, voller hochneurotischer und chronisch niedergeschlagener Menschen.(18) Für ihr Unglück machen sie die "Feinde des Islam" verantwortlich, für den ökonomischen Niedergang und die damit einhergehende politische Bedeutungslosigkeit ihrer Nationen "Zionisten" und "Kreuzritter".

Wie im Nationalsozialismus werden die Frauen zu bloßen Brutmaschinen degradiert. Während sich in den letzten 200 Jahren die Menschheit von 1 Milliarde auf 6 Milliarden versechsfacht hat, hat sich die islamische Bevölkerung der Erde im 20. Jahrhundert, also in der Hälfte der Zeit, von 150 Millionen auf 1200 Millionen verachtfacht und dabei ihren prozentualen Anteil von 10% im Jahre 1900 auf 20% im Jahre 2000 verdoppelt (25).

Und wie gesagt handelt es sich hier nicht um den Triumphzug einer Religion, wie es das Christentum ist, sondern eines Phänomens, für das dem Europäer die Begrifflichkeit fehlt. Der Islam ähnelt mehr einer Ideologie wie dem Nationalsozialismus oder dem Kommunismus. Mit dem ersteren hat er die spezifische Mischung aus Mystizismus und Sadismus gemein, mit dem letzteren das, was im arabischen Takiya (türkisch Takkye: Vorsicht, Furcht; synonym gebraucht: Kitman = Verhüllen) genannt wird: die systematische Verleugnung der eigenen Überzeugung und das Vortäuschen von Konzilianz. Zum Beispiel rät Mohammed seinen Jüngern bei der Auseinandersetzung mit den bibelfesten Juden sich zurückzuziehen, sobald sie in argumentative Bedrängnis geraten, und zu warten, "bis Allah mit Seinem Befehl kommt" (40, Sure 2, 109). Stolz merkt dazu an: "Damit hatte der Prophet es in der Hand, zu einem ihm günstig erscheinenden Zeitpunkt hervorzutreten und das Ende der Vergebung und des Religionsfriedens als Allahs Befehl zu verkünden" (82:124).

Takiya ist ein von der Religion nicht nur gebilligtes, sondern sogar gefordertes pestilentes Verhalten, frei von jedem Anflug von Gewissensbisse (82:285f). Es entspricht ganz der oben beschriebenen verlogenen Struktur des Kommunismus (die Fassade im Dienst der Sekundären Schicht) und man muß unwillkürlich an Reichs dritten "Grundzug des Roten Faschismus" denken: "Wenn man einen Liberalen, einen Sozialisten oder einen Republikaner nach seinen sozialen Ansichten fragt, so gibt er eine offene Antwort. Der rote Faschist jedoch sagt einem nicht, was er ist, wer er ist und was er will. Das zeigt, daß Tarnung bzw. das Sichverstecken sein Hauptmerkmal ist" (69:213). Der gläubige Muslim ist sozusagen ein "grüner Faschist", weshalb jeder "interreligiöse Dialog" genauso vollkommen sinnlos und kontraproduktiv ist wie einst die grandiose "Entspannungspolitik". Zumal der Koran ohnehin einen Friedensschluß mit Ungläubigen explizit verbietet. Jeder Araber, der einen Friedensvertrag mit Israel unterschreibt, ist des Todes!

Von seinen Anfängen her ist der Islam "Din und Staat"; es gibt keine Trennung zwischen Kirche und Staat (und erst recht keine zwischen Staat und Gesellschaft!). Aber gerade der Islam wird uns, bezeichnenderweise von den gleichen Kreisen, die vorher für den Sieg des Kommunismus über den Westen gekämpft haben, als Muster für multikulturelle Toleranz verkauft. Wozu immer die gleichen historischen Ausnahmen vorgebracht werden, statt sich am Koran, Mohammeds konkretem Handeln und dem heute real existierenden Islam zu orientieren. Phantasien über einen "gemäßigten Islam" oder gar einen "Euro-Islam" sind Träumereien kontaktloser (und atheistischer) Intellektueller. Islam ist Islamismus (islamiya), was sofort deutlich wird, wenn man die Praxis Mohammeds betrachtet; das "goldene Zeitalter", auf das sich alle Muslime berufen.

Wenn die Islamisten innerhalb der muslimischen Gesellschaft die Scharia durchsetzen, den Islam nach außen hin verbreiten, das Kollektiv der Umma über das Individuum und dessen Pflichten vor seinen Rechten stellen, die Religion politisieren und althergebrachte Traditionen systematisch zerstören, dann handeln sie urislamisch, d.h. so, wie Mohammed gelehrt und vor allem gehandelt hat. Und wenn sie sich dabei terroristischer Mittel bedienen, handeln sie ebenfalls wie Mohammed.(19)

In Zeiten wo unsere Kinder irgendwelchen verwirrten "interkulturellen Erziehungskonzepten" geopfert werden, sollte man daran erinnern, daß Reich ein anti-relativistischer, "anti-multikulturalistischer" Verfechter der einen menschlichen Natur war, die nur mit bestimmten kulturellen Leitideen vereinbar ist, z.B. nicht mit dem Islam. In Die sexuelle Revolution stellt Reich fest: "Es gibt (...) zweierlei 'Moral', aber nur eine Art moralischer Regulierung. Diejenige 'Moral', die alle Menschen mit Selbstverständlichkeit bejahen (nicht vergewaltigen, nicht morden usw.), ist nur aufgrund vollster Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse herzustellen. Doch die andere 'Moral', die wir verneinen (Askese für Kinder und Jugendliche [...], usw.), ist selbst krankhaft und erzeugt das Chaos, zu dessen Bewältigung sie sich berufen glaubt. Ihr gilt unser unerbittlicher Kampf" (56:50).

Doch die Linksliberalen wollen unser Land "kulturell bereichern": durch tiefverschleierte Frauen und durch Mullahs, deren Feindbild Juden, Schwarzafrikaner und Homosexuelle sind. Für manche Linksliberale in diesem Land ist das Tragen des Kopftuchs sogar ein "emanzipatorischer Akt"! Jene, die sich über Kruzifixe im Klassenraum aufregen, fordern, daß muslimische Lehrerinnen mit Kopftüchern unterrichten dürfen. Kopftücher, die, explizit auch so gemeint, das Symbol jener "anderen Moral" sind, von der Reich oben sprach. Jene, die ausgerechnet hier nach "Toleranz" rufen, also gerade die, die ständig von "Emanzipation" sprechen, zeigen damit ihre strukturelle Sympathie mit den Todfeinden des Lebens, der Freiheit und der - Emanzipation. Sie trauen sich das, weil es politisch korrekt ist.

Damit entsprechen sie jenen "Aufklärern", über die Stirner Mitte des 19. Jahrhunderts sagte, daß sie die heimlichen Kumpane der Pfaffen wären, die wenigstens offen zur Reaktion stehen. "Unsere Atheisten sind fromme Leute" (80:203). Aber nicht mal Stirner hätte sich träumen lassen, daß, nachdem die dialektisch-materialistische "Ent-Eignung" mißlungen ist, das schlechte Gewissen dieser "Atheisten", ihre innere Unfreiheit, sie soweit bringen würde, schließlich den Islam nach Europa zu rufen und ihm damit die Weltherrschaft zu verleihen. Ganz im Sinne des linken Politikwissenschaftlers und stolzem 68ers Claus Leggewie, der in seinem Buch Alhambra - der Islam im Westen schreibt: "Eine gewisse Islamisierung des christlichen Abendlandes, das nach dem Tod Gottes den Glauben an sich selbst verloren hat, kann nicht nur den modernen Muslimen aufhelfen, sondern auch Europa nachhelfen" (z.n. 82:313).(20)

Ich möchte mit folgenden Sätzen von Stolz über den politisch korrekten Linksliberalen schließen, dem ultimativen Todfeind der Freiheit, des Lebendigen - und damit der Orgonomie: "Die Notwendigkeit einer Analyse des Islams hier und heute leugnen vor allem jene Multi-Kulti-Fanatiker, die in jeder Kritik am Islam die blanke Feindschaft gegen alle Muslime wittern. Nachdem ihnen die heile Gegen-Welt des realen Sozialismus verlorengegangen ist, das Paradies der Werktätigen sich weitgehend von selbst in Luft aufgelöst und dabei seine höllischen Kehrseiten offenbart hat, streben sie nach neuen Ufern der Glückseligkeit. Und dabei kommt ihnen ein Traumbild des Islams sehr gelegen, das sie sich flink zurechtgelegt haben: Eine weltoffen-tolerante Religion (vgl. die Alhambra-Phantasien des Claus Leggewie), eine egalitäre und schon ein bißchen sozialistische Gesellschaft mit dem Umma-Kollektiv der Gläubigen und den Schriftgelehrten als unumstrittenen gelehrten Führern (also genau das, was die westlichen Intellektuellen so gerne wären und so wenig verwirklichen können!), mit dem Djihad die permanente Gelegenheit zu Kampagnen und Gewaltakten, ferner eine zumindest in Ansätzen und der Utopie schon gegenwärtig und an die Stelle des ausgebliebenen Weltkommunismus tretende islamische Internationale, aus der sich dereinst die totale Herrschaft des Islams über alle Länder der Welt entwickeln soll. Natürlich teilen dieses Paradigma in seiner kompletten Form nur die radikaleren Islam-Freunde, aber genau denen halten ihre halbherzigen Kumpane aus dem linksliberalen Lager den Rücken frei, wenn sie jede Islam-Kritik von vornherein mit dem Verdikt der Feindbildzeugung und der Ausländerfeindlichkeit versehen" (82:13f).

 

 

Literatur

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Fußnoten

(1) Erst recht hat aber der Staat hier nichts verloren. Vermischen sich markt- und staatswirtschaftliche Elemente, wie in der entmenschten und entmenschlichenden Pflegeversicherung von Norbert Blüm, haben wir ein System vor uns, das dem Wirtschaftsimperium von Heinrich Himmler gleicht: Profitmaximierung, Selektionen, Bürokratie, "Vorschriften", Willkür, etc. Konia spricht im Zusammenhang mit dem Gesundheitssystem der USA von "corporate socialism", der viel schlimmer sei als "Staatssozialismus", da das Element der Kostenminimierung und Gewinnmaximierung hinzukomme (36:97).

(2) Ein typisches Beispiel für diese Irrationalität ist die Rede von "Entfremdung" und "Ausbeutung". In den 1960er und 70er Jahren wurde das "kapitalistische System" angegriffen, weil es, ganz wie Marx vorausgesagt habe, die Arbeit immer mehr auf einseitige Verrichtungen reduziere. Heute, wo aufgrund der technologischen Entwicklung von den Arbeitnehmern immer mehr Flexibilität gefordert wird ("job rotation" und "job enrichment") sprechen die gleichen Marxisten davon, daß sich die Ausbeutungsspirale weiter drehe und der Mensch nun in seiner Ganzheit ausgepreßt werde (52:26f).

(3) Die Fassade ist der Bereich des Ersatzkontaktes: sozial und "moralisch" (Sozialismus, "Gerechtigkeit") in der Welt des Linksliberalen; privat und "vulgärmaterialistisch" (Profitstreben, Konsum) in der Welt des Rechtsliberalen (48:206; 13).

(4) 1954 führte Reich in einem Seminar über die (Links-) Liberalen aus: "Der Liberale ist jemand, der gerne ein starker radikaler Linker wäre, aber charakterologisch unfähig ist, einer zu sein, so daß er denjenigen beneidet, der das größte Durchsetzungsvermögen hat; den Emotionelle Pest-Charakter, dessen Destruktivität er mit abenteuerlichen Rechtfertigungen unterstützt" (6). Auf diese Weise wird der Gutmensch, wird der linksliberale und Marxistische Mundwerker zum Verteidiger, Sprachrohr und schließlich Vertreter des absolut Bösen. Diese Emanzipatoren "verteidigen das Recht von Politmördern auf Redefreiheit, werden aber ungehalten, wenn man das Kind beim Namen nennt, obwohl es Millionen von Menschenleben kostet, es nicht zu tun" (67:62).

(5) Typischerweise spricht der Konservative von einem starken Charakter, der der Aufgabe gewachsen ist, die ihm das Leben (die Tradition) stellt; der Rechtsliberale von einer starken Persönlichkeit, die (von Traditionen) unabhängig ist und (bei den Mitmenschen, d.h. "auf dem Markt") "gut ankommt".

(6) Das soll in keinster Weise die linksliberale "antiautoritäre Erziehung" rechtfertigen! Die Linken stellten die Kindererziehung unter die alles bestimmenden Leitsterne von 1. Emanzipation, 2. Mündigkeit, 3. Selbstbestimmung und 4. Demokratisierung - und infizierten dergestalt die Kinder 1. mit der eigenen irrationalen Rebellion; was die Kinder 2. in trotziger Infantilität fixierte; sie so 3. in Abhängigkeit hielt; und 4. sowohl die subjektive Sehnsucht nach, als auch die objektive Notwendigkeit von autoritären Eingriffen bedingte. Der dergestalt Emanzipierte frägt sich ständig: "Was will ich eigentlich?" Diese Frage sollen die anderen beantworten, letztendlich "Vater Staat".... Man sieht sofort, wie viel näher imgrunde der Konservative, der mit seinem Kontakt zur Natur derartigen "emanzipatorischen" Kopfgeburten abhold ist, der Selbstregulierung steht.

(7) Und was die ominöse "Globalisierung" betrifft: im 19. Jahrhundert war die Welt weitaus "globalisierter" als heute. Reich hat sich in seiner Rede an den Kleinen Mann (65) mit der Gegenreaktion des 20. Jahrhunderts, dem Zeitalter der "national-sozialistischen" Kleinen Männer (vgl. 49), auseinandergesetzt. Die selben Kleinen Männer feiern heute in Gestalt der links- und rechtsradikalen "Globalisierungsgegner" fröhliche Urständ. Dazu mehr im 14. Abschnitt.

(8) Mit dem Zerfall der Gesellschaft steigt der Angstpegel der Massen, die daraufhin nach mehr "sozialer Sicherheit" verlangen (34).

(9) Kirk schreibt über die Durchdringung der gutmenschlichen Maske des Linksliberalismus durch Burke: "Burke wußte, daß direkt unter der Oberfläche des heutigen Menschen der Wilde sich rührt, das Untier, der Dämon. Jahrtausende bitterer Erfahrungen haben dem Menschen gelehrt, seine wildere Natur mühsam zu beherrschen; daß in Mythen, Ritualen, Brauchtum, Instinkt, Voreingenommenheit ein furchtbares Wissen zum Ausdruck kommt. Auch die Kirche hat diese Wahrheit stets beherzigt (...) und mit Argwohn auf den Fortschritt des wissenschaftlichen Rationalismus geblickt, der dem heutigen Menschen das scheußliche Geheimnis seines viehischen Ursprungs enthüllen könnte" (29:39). Kirk hat hier sicherlich das generelle konservative Denken richtig erfaßt, es ist aber fraglich, ob er in diesem Falle Burke korrekt interpretiert, denn in "metaphysischer" Hinsicht teilt Burke ganz offensichtlich das optimistische Menschenbild der Männer der Französischen Revolution, wenn er schreibt: "Die angeblichen Rechte dieser Theoretiker sind durchweg Extreme; und in dem Maße, wie sie metaphysisch wahr sind, sind sie aus sittlicher und politischer Sicht falsch" (z.n. 29:52). Diese über den Konservatismus hinausweisende Denkweise macht aus Burke einen funktionellen, geradezu "orgonomischen" Denker, der zwischen "metaphysischer Wahrheit" und "sittlicher und politischer Gegenwahrheit" unterscheiden kann (vgl. 21).

(10) Übrigens haben sich die Alt-68er in den 1990er Jahren an der Arbeiterschaft gerächt. So stellte Wolfgang Kowalski 1992 fest: "Als sie 1968 ihre roten Flugblätter vor den Fabriktoren verteilten, wollten die Arbeiter von der studentischen Weisheit nichts wissen und zeigten sich uneinsichtig. Nun bekommen sie die verschmähte Liebesmüh zurück in Form unverhüllten Inländerhasses: Aus der einst angehimmelten Arbeiterklasse, dem 'revolutionären Subjekt', ist der 'Pöbel', der 'Mob', der 'Stammtisch' geworden, reaktionär bis rechtsextrem und fremdenfeindlich" (41:127). Sozusagen: "Wir hier oben (im Gehirn) in hehrer Klarheit, ihr, das anrüchige, moralisch verdorbene Gesindel, da unten."

(11) Diese Zweiteilung in Dr. Jekyll und Mr. Hyde findet sich sogar innerhalb ein und derselben Person, etwa bei Marx. Aus all den Marx-Bänden mit ihren über 20 000 Seiten voller faschistischer Vernichtungswünsche, Zynismus und Fäkalsprache, kennt man nur folgende "humanistische" Sätze, die immer und immer wieder unters Volk gebracht werden: "Ich bin kein Marxist." "Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewußtsein." "Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist." "An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist." "Man muß an allem zweifeln." (Vgl. 42:352) Und dann vielleicht noch: "Radikal sein ist, die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst." und: "Die Philosophen haben die Welt nur interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern." Das war's dann aber auch. Sonst finden sich keine zitierfähigen Sätze, um dem Publikum Marx als humanistischen Menschenfreund hinzustellen. Doch diese hauchdünne Fassade ist alles, was das Publikum von Marx kennt!

(12) Bukowski schreibt über den Endpunkt dieser Dekadenz: "Wie kann man Leuten, die nie im Kommunismus gelebt haben, erklären, daß der Kommunismus weniger ein politisches und auch nicht einmal so sehr ein verbrecherisches System, sondern vielmehr eine Massenkrankheit, eine Art Pestepidemie, ist. Auf die Pest ist man nicht zornig, mit ihr zerstreitet und versöhnt man sich nicht. Man erkrankt an ihr oder wird von ihr verschont. Also gibt es auch keine Möglichkeit, die Pest 'umzugestalten' oder zu reformieren. Man muß unter Aufwendung seines ganzen Lebenswillens von ihr genesen. Wer den Kampf gegen sie aufgegeben hat und in Apathie verfallen ist, geht unter" (9:127).

(13) Unvergessen ist der modern liberal der in einer Talkshow meinte, die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" sei eine "Denunzianten-Show"! Der modern liberal identifiziert sich nicht etwa mit den Opfern von Kriminalität, sondern mit den faschistischen Tätern - und macht aus ihnen "Opfer der Gesellschaft"! Für ihn ist grundsätzlich nicht die Emotionelle Pest das Problem, sondern alle Bemühungen, ihr Einhalt zu gebieten.

(14) Es besteht eine funktionelle Identität zwischen der äußeren Front (der Kampf gegen den internationalen Faschismus [Kommunismus, Islamismus]) und der inneren Front (der Kampf gegen die unorganisierte und organsierte Kriminalität). Roland Baader: "Millionen Amerikaner beginnen zu erkennen, daß es dieselben 'Linken' (drüben also die 'Demokraten') sind, die während der Zeit des Kalten Krieges die Meinung vertreten haben, die Sowjetunion sei weder feindselig noch gefährlich (sondern allenfalls wegen 'falscher Behandlung' zur Aggression genötigt), und die nun die gleiche Haltung gegenüber den Kriminellen und der überbordenden Kriminalität einnehmen. Die Parallelität tritt nicht nur in der Schuldzuweisung an die Opfer der Verbrechen zutage, sondern auch in der Forderung nach 'einseitiger Abrüstung'. Sollte damals die UdSSR und ihre Vasallen durch amerikanischen Rüstungsabbau friedlich gestimmt werden, so ist es jetzt die geforderte Entwaffnung der Bürger, mit der man die Kriminellen in fromme Mitbewohner verwandeln zu können glaubt. Bei aller Skepsis gegenüber den Übertreibungen der amerikanischen Waffen-Vernarrtheit, bedarf es doch einer schweren linksliberalen Verblendung, die Eindämmung des Verbrechertums in der vollständigen Entwaffnung der potentiellen Opfer zu sehen" (3:41). (Übrigens wurden in den USA einst, im krassen Widerspruch zur Verfassung, Waffengesetze erlassen, um zu verhindern, daß sich die freigelassenen Sklaven bewaffnen und gegen den Ku Klux Klan verteidigen konnten!)

(15) In diesem Zusammenhang sei auch daran erinnert, daß die beiden pestilenten Charaktere Noam Chomsky und Michael Moore für ihre Lügenmärchen, Verleumdungen und Halbwahrheiten sowohl bei der radikalen Linken als auch der radikalen Rechten Begeisterungsstürme ernten.

(16) "(...) schon das erste bißchen Wahrheit, das ausgesprochen und gelebt würde, (würde) weitere Wahrheiten hervor(rufen); und dies würde sich unberechenbar fortsetzen (...)" (63:309).

(17) Stolz zitiert die ägyptische Islamwissenschaftlerin Cherifa Magdi, die aufweist, daß im Islam die Frau als bloße Farg gesehen wird, als "ewig hungrige, alles verschlingende Spalte", welche vom Mann mit Gewalt zivilisiert werden müsse. Magdi: "Sie ist in ständiger Rebellion gegen alle einschränkenden Gebote, die die Erfüllung ihrer Sexualität behindern könnten. Damit rebelliert sie gegen die Hierarchie, die das geistliche Fundament des Islam bildet, das auf Kontrolle des Biologischen und seiner Unterwerfung unter eine Ordnung beruht, die für den Mann vom männlichen Gott Allah vorgezeichnet ist" (z.n. 81:117). Der Islam als perfekte Verkörperung des Über-Ich, gegen das sich das Lebendige, der Satan, ständig empört und deshalb in Schach gehalten werden muß. Die Verschleierung der Frauen ist dafür das perfekte Symbol; die Brandmarkung der Frauen als Farg. Eine unglaubliche Obszönität, die in Nordafrika mit der wortwörtlichen "Beschneidung" der Frau einhergeht.

(18) Der Islam ist sogar noch schlimmer als der Kommunismus, da er nicht nur "Anti-Arbeit" (Politik), sondern auch "Anti-Sexualität" (Religion) ist. Beide Elemente sind unlösbar ineinander verschränkt, so daß es, anders als im Kommunismus, keinen Kern des Widerstandes in Gestalt der Religion geben kann.

(19) Ja, ihre Beweggründe sind sicherlich edler, denn Mohammed hatte bei seinen Kriegszügen stets auch wirtschaftliche Interessen im Auge. So wurde die Stadt Medina terrorisiert und die Umgebung in "heiligen Kriegen" systematisch ausgeplündert. Wer um Allahs Willen in den Krieg ziehe, dem werde es "wohlergehen" (40, Sure 5,35). "Und Er gab euch zum Erbe ihr Land und ihre Wohnungen und ihr Gut, und ein Land, das ihr nie betratet" (40, Sure 33,27). "Das Versprechen reicher Kriegsbeute war", schreibt Stolz, "ein wesentliches Motivationsinstrument im frühen Islam, wobei sich Mohammed per Koran gegen den Vorwurf wehren mußte, er habe einen Teil der Kriegsgewinne unterschlagen (Sure 3,155)" (82:36). Ein weiterer Beweggrund war Mohammeds Ego, sein Stolz und seine "Ehre". Mit den Worten "Wer rächt mich an dem und dem?" ließ er in Medina zunächst einzelne mißliebige Mitglieder des jüdischen Stammes der Nadir töten, um später den ganzen Stamm zu vertreiben. Dabei ließ er auch Palmen fällen und Feuer legen, was im Gegensatz zum arabischen Ehrenkodex, sozusagen zur damaligen "Genfer Konvention", stand. Aber der Koran rechtfertigt solche terroristischen Mittel: "Was ihr auch an Palmen fälltet oder auf ihren Wurzeln stehen ließet, es war mit Allahs Erlaubnis und um die Frevler zu schänden" (40, Sure 59,5). Auch die Raubzüge Mohammeds gegen Karawanen und Oasen widersprachen allem traditionellen Ehrgefühl. Vom jüdischen Stamm Quraiza ließ er alle 700 männlichen Stammesangehörigen Gruppe um Gruppe in ausgehobenen Gruben antreten und von seinem Schwiegersohn Ali einen nach dem anderen enthaupten. Die jüdischen Frauen und Kinder wurden als Sklaven verkauft (81:188-190). Für Muslime ist Mohammed der perfekte Mensch, nach dessen Vorbild sie ihr Leben ausrichten.

(20) Der linksliberale Gutmensch ist so unfaßbar abartig, daß er die "Pest" offen herbeisehnt. Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein empfahl im Jahre 1965 einem Kreis von Studenten, "wir sollten die Welt des Kommunismus, ihre Zukunft, ohne Furcht vor Ansteckung mitentwerfen, und was bei uns lebensfähig und lebenskräftig sei, könne den Kommunismus infizieren - 'Ansteckung sei die Parole'" (19:285).


zuletzt geändert
25.08.14

 

 


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